26.09.2017

Wettbewerb: Verbleibende Herkunftstäuschung kann hinzunehmen sein

In Fällen der nachschaffenden Übernahme unter Verwendung einer dem Stand der Technik entsprechenden angemessenen technischen Lösung kann eine verbleibende Herkunftstäuschung hinzunehmen sein, wenn der Nachahmer die ihm zumutbaren Maßnahmen trifft, um einer Herkunftstäuschung entgegenzuwirken. In dieser Konstellation hat das Interesse des Wettbewerbers an der Nutzung einer gemeinfreien technischen Lösung sowie das Interesse der Abnehmer an einem Preis- und Leistungswettbewerb Vorrang.

BGH 14.9.2017, I ZR 2/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin produziert und vertreibt Beleuchtungsprodukte. Zu ihrem Programm gehört eine unter der Bezeichnung "Powermoon" in mehreren Versionen hergestellte transportable Federschirmleuchte, die der Ausleuchtung von Baustellen, Polizei- und Feuerwehreinsatzorten sowie Veranstaltungs- und Parkflächen dient.

Die Beklagte befasst sich mit Baustellentechnik und vertreibt Maschinen und Hilfsmittel für den Baustellenbetrieb. Auf der Fachmesse für Baubedarf "BAUMA" 2013 und auf ihrer Website bot sie einen eigenen Leuchtballon an. Zwar hatten die Parteien im November 2007 einen Liefervertrag abgeschlossen. Dieser wurde aber Ende 2013 gekündigt. Die Klägerin beanstandete das Produkt der Beklagten als unlautere Nachahmung ihres Leuchtballons und klagte nach erfolglos vorgerichtlicher Abmahnung.

Das LG gab der Klage weitestgehend statt. Auf die Berufung der Beklagten hob das OLG die Entscheidung auf und wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Das Berufungsgericht war zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 9a UWG a.F. nicht vorlagen.

Die Annahme des OLG, das Produkt der Klägerin weise durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart auf, ließ keine Rechtsfehler erkennen. Die Beurteilung, das angegriffene Produkt stelle eine nachschaffende Übernahme des Produkts der Klägerin dar, hielt der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. Das Berufungsgericht hatte nämlich ausgeführt, die Beklagte habe das Produkt der Klägerin nicht identisch, sondern nachschaffend übernommen, indem sie die Kugelform in eine Birnenform abgewandelt habe. Dass sich eine reine Kugelform durch Fabrikationsfehler oder Gebrauchsabnutzung zu einer Birnenform entwickeln könne, sei unerheblich, weil für die Beurteilung der Nachahmung der Zeitpunkt entscheidend sei, in dem sich Original und Nachahmung beim Kauf gegenüber stünden. Diese Beurteilung war frei von Rechtsfehlern.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es liege keine vermeidbare Herkunftstäuschung vor, hielt der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. Das OLG hatte ausgeführt, die angegriffene Produktgestaltung löse eine Herkunftstäuschung aus. Original und Nachahmung würden parallel und durch gleiche Vertriebswege angeboten; das Original sei beim Verkehr bekannt und könne im Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung einem Hersteller zugeordnet werden. Diese Herkunftstäuschung sei jedoch nicht vermeidbar, weil keine zumutbaren Ausweichmöglichkeiten bestünden, um eine Herkunftstäuschung zu verhindern. Andernfalls würde das Prinzip eines runden Beleuchtungskörpers mit Federspannfunktion insgesamt auf eine einzige wettbewerbliche Lösung verengt und zugunsten der Klägerin monopolisiert.

Die Beklagte hat dadurch, dass sie bei ihrem Produkt unter Ausnutzung des bestehenden Gestaltungsspielraums die Größenverhältnisse zwischen oberer und unterer Hälfte gegenüber dem Erzeugnis der Klägerin verschoben hatte, der Herkunftstäuschung entgegengewirkt. Da anderweitige Kennzeichnungsmöglichkeiten, die die Gefahr der Herkunftstäuschung hätten verringern können, nicht bestanden, und die Beklagte den zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum ausgeschöpft hatte, waren ihr darüber hinausgehende Abgrenzungsmaßnahmen an dem Beleuchtungskörper nicht abzuverlangen und eine etwaig verbleibende Herkunftstäuschung hinzunehmen. In dieser Konstellation hatte das Interesse der Beklagten als Wettbewerberin an der Nutzung einer gemeinfreien technischen Lösung sowie das Interesse der Abnehmer an einem Preis- und Leistungswettbewerb gegenüber dem Interesse der Klägerin an der Vermeidung einer Herkunftstäuschung Vorrang.

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