Wettbewerbswidrigkeit einer Preisangabe für Bestandteile von Photovoltaikangaben
OLG Schleswig-Holstein v. 15.6.2023 - 6 W 9/23
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin vertreibt Photovoltaikmodule, Wechselrichter und Akkus für Solarsysteme. Die Antragsgegnerin bietet im Internet ebenfalls Batteriespeicher für Photovoltaik, sog. Heimspeicher, an. Konkret bewarb die Antragsgegnerin am 12.2.2023 bei Google-shopping das Produkt,,Lithiumbatterie 5KW Huawei LUNA2000-5KW-E0 Photovoltaik" zu einem Preis von 2.556 €. Dieser Preis entsprach dem Nettoangebotspreis der Antragsgegnerin, also einem Endpreis bei 0 % Umsatzsteuer.
Seit dem 1.1.2023 gilt nachfolgende Regelung gem. § 12 Abs. 3 UStG:
"(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird; (...)
4. die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt."
Die Antragstellerin begehrt nach erfolgloser Abmahnung, der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, mit einer sog. Google-Shopping-Anzeige für Batteriespeicher für Photovoltaik zu werben, wenn bei der Anzeige ohne weitere Kennzeichnung der Nettoverkaufspreis angezeigt wird. Sie war der Ansicht, die Werbung sei wettbewerbswidrig. Die Befreiung sog. Heimspeicher für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer durch § 12 Abs. 3 UStG n.F. stehe unter einer Vielzahl von Bedingungen. Eine Werbung mit einem Preis, der nur gelte, wenn Bedingungen erfüllt seien, sei wettbewerbswidrig, wenn diese Bedingungen nicht angegeben würden. Es gelte Vergleichbares wie im Falle einer Werbung mit Preisen, die nur für Premium-Kunden gelten.
Das LG hat den Antrag abgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG den Beschluss abgeändert und dem Antrag stattgegeben.
Die Gründe:
Der Verfügungsanspruch ergab sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG. Hiernach kann ein Mitbewerber gegen unlautere geschäftliche Handlungen vorgehen, die u. a. bei unwahren, oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben über den Preis oder die Art und Weise, wie er berechnet wird, vorliegen. Eine fehlende oder unklare Preisauszeichnung kann zudem einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 UWG darstellen. Und diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Der in einer Google-Anzeige angegebene Preis für einen Bestandteil einer Photovoltaikanlage verstößt gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit, wenn nicht erkennbar ist, dass er 0 % Umsatzsteuer enthält und an welche Bedingungen dieser Umsatzsteuersatz geknüpft ist. Die vorliegende Preisangabe verstieß gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit. Der Preisangabe ließ sich nicht entnehmen, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthielt und an welche Bedingungen dieser Steuersatz geknüpft war.
Diese fehlende Aufklärung über die Bedingungen, unter denen der angegebene Preis galt, verursachte bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Irrtum. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des LG richtete sich die Anzeige nicht ausschließlich an Verbraucher, die stets der Regelung über den auf 0 reduzierten Umsatzsteuersatz unterfallen. Dieser Kreis derjenigen Verbraucher, die etwa ihre Immobilie mit einer Photovoltaikanlage ausgerüstet haben und über die Erhöhung des Eigenverbauchsanteils nachdenken oder die Planung einer solchen Anlage betreiben oder in Erwägung ziehen, gehört zwar auch zum angesprochenen Verkehrskreis. Der Senat zählt sich selbst zu diesem angesprochenen Verbraucherkreis.
Jedenfalls erwartet der angesprochene Verkehrskreis, wie auch ein durchschnittlicher Verbraucher, dass in einer Suchmaschine im Internet die Gesamtpreise einschließlich des vollen Umsatzsteuersatzes angezeigt werden, wie dies auch in § 1 Abs. 1 PAngV vorgesehen ist. Zumindest der angesprochene Verkehrskreis der Unternehmer, der den Batteriespeicher für den eigenen Betrieb verwenden will, wird durch die Preisangabe getäuscht. Die Annahme des LG, ein Unternehmer kenne in der Regel die in seinem Geschäftsbereich geltenden Umsatzsteuerregeln, überzeugte nicht, zumal es sich bei § 12 Abs. 3 UStG um eine neue, nicht unkomplizierte Norm handelt. Bei der Frage, ob ausreichende Kenntnisse beim angesprochen Verkehrskreis vorhanden sind, ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressaten abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dass weite Teile des angesprochenen Adressatenkreises die Regelung des § 12 Abs.3 UStG kennen, konnte jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angenommen werden.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht
Martin Boden / Jan-Tilman Uhe / Alicja Wilczek, IPRB 2022, 102
Rechtsprechung:
Kein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz wegen Übernahme wettbewerblicher Eigenschaften von Produkten des täglichen Bedarfs bei unterschiedlicher Produktbezeichnung ("Vienetta")
BGH vom 19.10.2000 - I ZR 225/98
Gustav-Adolf Ulrich, EWiR 2001, 333
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Landesregierung Schleswig-Holstein
Die Antragstellerin vertreibt Photovoltaikmodule, Wechselrichter und Akkus für Solarsysteme. Die Antragsgegnerin bietet im Internet ebenfalls Batteriespeicher für Photovoltaik, sog. Heimspeicher, an. Konkret bewarb die Antragsgegnerin am 12.2.2023 bei Google-shopping das Produkt,,Lithiumbatterie 5KW Huawei LUNA2000-5KW-E0 Photovoltaik" zu einem Preis von 2.556 €. Dieser Preis entsprach dem Nettoangebotspreis der Antragsgegnerin, also einem Endpreis bei 0 % Umsatzsteuer.
Seit dem 1.1.2023 gilt nachfolgende Regelung gem. § 12 Abs. 3 UStG:
"(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird; (...)
4. die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt."
Die Antragstellerin begehrt nach erfolgloser Abmahnung, der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, mit einer sog. Google-Shopping-Anzeige für Batteriespeicher für Photovoltaik zu werben, wenn bei der Anzeige ohne weitere Kennzeichnung der Nettoverkaufspreis angezeigt wird. Sie war der Ansicht, die Werbung sei wettbewerbswidrig. Die Befreiung sog. Heimspeicher für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer durch § 12 Abs. 3 UStG n.F. stehe unter einer Vielzahl von Bedingungen. Eine Werbung mit einem Preis, der nur gelte, wenn Bedingungen erfüllt seien, sei wettbewerbswidrig, wenn diese Bedingungen nicht angegeben würden. Es gelte Vergleichbares wie im Falle einer Werbung mit Preisen, die nur für Premium-Kunden gelten.
Das LG hat den Antrag abgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG den Beschluss abgeändert und dem Antrag stattgegeben.
Die Gründe:
Der Verfügungsanspruch ergab sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG. Hiernach kann ein Mitbewerber gegen unlautere geschäftliche Handlungen vorgehen, die u. a. bei unwahren, oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben über den Preis oder die Art und Weise, wie er berechnet wird, vorliegen. Eine fehlende oder unklare Preisauszeichnung kann zudem einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 UWG darstellen. Und diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Der in einer Google-Anzeige angegebene Preis für einen Bestandteil einer Photovoltaikanlage verstößt gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit, wenn nicht erkennbar ist, dass er 0 % Umsatzsteuer enthält und an welche Bedingungen dieser Umsatzsteuersatz geknüpft ist. Die vorliegende Preisangabe verstieß gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit. Der Preisangabe ließ sich nicht entnehmen, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthielt und an welche Bedingungen dieser Steuersatz geknüpft war.
Diese fehlende Aufklärung über die Bedingungen, unter denen der angegebene Preis galt, verursachte bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Irrtum. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des LG richtete sich die Anzeige nicht ausschließlich an Verbraucher, die stets der Regelung über den auf 0 reduzierten Umsatzsteuersatz unterfallen. Dieser Kreis derjenigen Verbraucher, die etwa ihre Immobilie mit einer Photovoltaikanlage ausgerüstet haben und über die Erhöhung des Eigenverbauchsanteils nachdenken oder die Planung einer solchen Anlage betreiben oder in Erwägung ziehen, gehört zwar auch zum angesprochenen Verkehrskreis. Der Senat zählt sich selbst zu diesem angesprochenen Verbraucherkreis.
Jedenfalls erwartet der angesprochene Verkehrskreis, wie auch ein durchschnittlicher Verbraucher, dass in einer Suchmaschine im Internet die Gesamtpreise einschließlich des vollen Umsatzsteuersatzes angezeigt werden, wie dies auch in § 1 Abs. 1 PAngV vorgesehen ist. Zumindest der angesprochene Verkehrskreis der Unternehmer, der den Batteriespeicher für den eigenen Betrieb verwenden will, wird durch die Preisangabe getäuscht. Die Annahme des LG, ein Unternehmer kenne in der Regel die in seinem Geschäftsbereich geltenden Umsatzsteuerregeln, überzeugte nicht, zumal es sich bei § 12 Abs. 3 UStG um eine neue, nicht unkomplizierte Norm handelt. Bei der Frage, ob ausreichende Kenntnisse beim angesprochen Verkehrskreis vorhanden sind, ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressaten abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dass weite Teile des angesprochenen Adressatenkreises die Regelung des § 12 Abs.3 UStG kennen, konnte jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angenommen werden.
Aufsatz:
Das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht
Martin Boden / Jan-Tilman Uhe / Alicja Wilczek, IPRB 2022, 102
Rechtsprechung:
Kein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz wegen Übernahme wettbewerblicher Eigenschaften von Produkten des täglichen Bedarfs bei unterschiedlicher Produktbezeichnung ("Vienetta")
BGH vom 19.10.2000 - I ZR 225/98
Gustav-Adolf Ulrich, EWiR 2001, 333
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