Wiedergabe von Straßennamen im Rahmen eines Navigationssystems ist nicht patentfähig
BGH 23.4.2013, X ZR 27/12Die Beklagte ist Inhaberin eines mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents (Streitpatents), das im Juli 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität einer US-Patentanmeldung aus Juli 1998 angemeldet worden war und ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Routenführung in einem Fahrzeugnavigationssystem betraf.
Die im Stand der Technik bekannten Navigationssysteme hielten zwar bereits in gewissem Umfang eine Sprachführung des Nutzers vor, indes sei es, nach Angaben der Beklagten, noch sehr schwierig gewesen, für den Nutzer eine Sprachführung bereitzustellen, die ein bevorstehendes Fahrmanöver auch nur einigermaßen präzise beschreibe. Das Streitpatent betraf vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Fahrzeugnavigationssystem zur Verfügung zu stellen, das dem Fahrer die benötigten Informationen so anbietet, dass seine Abhängigkeit von der optischen Informationswiedergabe verringert wird.
Die Klägerin war der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und gegenüber den maßgeblichen Anmeldungsunterlagen erweitert. Das Patentgericht erklärte das Streitpatent für nichtig. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Der Gegenstand des Patentanspruchs beruhte nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Ein Navigationsverfahren oder -system implementiert mit technischen Mitteln die Wiedergabe von Informationen, die dem Fahrer die Wahl einer zweckmäßigen Fahrtroute zu seinem Ziel erlauben und es ihm erleichtern, der gewählten Fahrtroute zu folgen, indem ihm zu einem geeigneten Zeitpunkt Detailinformationen über die nächstfolgende Entscheidungssituation zur Verfügung gestellt werden. Es steuert nicht das Fahrzeug, sondern stellt nur dafür zweckmäßige Informationen bereit.
Die Wiedergabe von Informationen ist nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. d 3 EPÜ als solche (Art. 52 Abs. 3 EPÜ) ebenso wenig dem Patentschutz zugänglich wie dieser nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. c EPÜ für Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche in Betracht kommt. Anweisungen, die die Informationen betreffen, die nach der Lehre eines Patents wiedergegeben werden sollen, können daher auch unter dem Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit die Patentfähigkeit der erfindungsgemäßen Lehre nur dann und nur insoweit stützen, als sie die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen.
Der Senat hat in der Vergangenheit bereits die Auswahl einer für Navigationszwecke zweckmäßigen Projektion topographischer Daten nicht als Teil der vom dortigen Streitpatent zur Verfügung gestellten technischen Lösung, sondern als dieser vorgelagerte Vorgabe eines Kartographen, Geographen oder Geodäten angesehen (BGH-Urt. v. 26.10.2012, Az.: X ZR 47/07). Ebenso hat er für die Zurverfügungstellung von Informationen über gegebenenfalls zu meidende Streckenabschnitte und die unter bestimmten Voraussetzungen vom Navigationssystem automatisch vorgenommene Auswahl des Stadtzentrums als Routenzielpunkt entschieden (BGH-Urt. v. 18.12.2012, Az.: X ZR 3/12 u. X ZR 121/11). Die erfindungsgemäße Wiedergabe von Straßennamen im Rahmen der dem Nutzer zur Verfügung gestellten Audiowiedergaben war nun nicht anders zu beurteilen.
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