Wirksamkeit der Abtretung von Rechten aus einer Kapitallebensversicherung an ein Unternehmen
BGH 11.1.2017, IV ZR 340/13Die Klägerin ist eine AG mit Sitz in der Schweiz. Sie war in der Zeit der nachfolgenden Vereinbarungen nicht nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG registriert. Der Versicherungsnehmer unterzeichnete im Dezember 2010 einen "Geld zurück!-Auftrag", der den Verkauf seiner Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin zum Gegenstand hatte. Der Vertrag sollte laut Auftrag sofort durch die Klägerin gekündigt, später der Rückkaufswert abzüglich einer Kündigungsgebühr von 87,50 € an den Versicherungsnehmer überwiesen werden. Weiter wurde vereinbart, dass der Versicherungsnehmer 25% aller künftigen Erstattungen von der Klägerin erhalten und die Klägerin sämtliche weiteren Kosten übernehmen solle. In den in Bezug genommenen "Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag" (im Folgenden: AGB) war unter § 2 u.a. geregelt:
5) Die Käuferin beauftragt ggf. einen Rechtsanwalt mit der Anfechtung des Vertrages und dem Ziel, möglichst alle ein-gezahlten Beiträge von der Gesellschaft erstattet zu be-kommen. Die rechtliche Auseinandersetzung wird nach Wahl der Käuferin im eigenen Namen oder im Namen des Verkäufers erfolgen, wobei sich die Käuferin im Innenver-hältnis verpflichtet, den Verkäufer von allen Kosten freizu-halten. Ausnahme sind die für die Kündigung angefallenen Kosten. ..."
Unter § 3 Abs. 1 S. 1 und 3 der AGB hieß es zur Überschrift "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit":
1) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gemäß Nr. 2.
Die Beklagte bestätigte die von der Klägerin mit Schreiben aus Januar 2011 hilfsweise erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages, verweigerte jedoch die Auszahlung des Rückkaufswertes bis zur Identifizierung der Klägerin nach dem Geldwäschegesetz. Die Parteien stritten darüber, ob die von der Klägerin dazu erteilten Auskünfte ausreichten. Die Klägerin übergab im Berufungsrechtszug eine mit dem Versicherungsnehmer im Juni 2013 geschlossene "Auslegungs- und Änderungsvereinbarung" (im Folgenden AÄV). Als "Gegenstand der Vereinbarung" wurde die zwischen den Parteien geschlossene "Kauf- und Abtretungsvereinbarung aus Dezember 2010" bezeichnet. Außerdem gab die AÄV den Inhalt von § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 4 und § 2 Abs. 5 der AGB der "Kauf- und Abtretungsvereinbarung" wieder.
Die Beklagte hatte den von der Klägerin zunächst geltend gemachten Auskunftsanspruch anerkannt und den Rückkaufswert auf 8.209 € beziffert, woraufhin die Klägerin die Klage auf Auszahlung des Rückkaufswertes gerichtet hat. Sie war der Ansicht, die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag im Wege eines echten Forderungskaufs wirksam erworben zu haben. Demgegenüber hielt die Beklagte den "Geld zurück!-Auftrag" sowie die AÄV und die darin vereinbarte Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG für nichtig.
Das LG gab der Klage auf Auszahlung mit Ausnahme einer Nebenforderung statt. Das OLG wies die Klage im Berufungsverfahren ab. Die Revision der Klägerin vor dem BGH blieb erfolglos.
Die Gründe:
Der Klägerin stand der geltend gemachte Anspruch aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht zu, weil dessen Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig war.
Die in der ursprünglichen Vereinbarung aus Dezember 2010 enthaltene Abtretung war wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 S. 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG gem. § 134 BGB nichtig. Daran änderte die AÄV nichts. Denn auch diese war wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig. Selbst bei Berücksichtigung der Regelungen der AÄV hatte die Klägerin nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernommen. Dies folgte aus der Vereinbarung zur Fälligkeit des "Kaufpreises", der sich nicht nur gem. § 3 Abs. 1 S. 1 der AGB nach dem Rückkaufswert richtete, sondern nach S. 3 um den vereinbarten Anteil an den künftigen Erstattungen erhöhte.
Der wirtschaftliche Zweck des "Geld-zurück!-Auftrages" erschöpfte sich, wie sich nicht nur den vorgenannten Regelungen in § 3 Abs. 1 S. 1 und 3 der AGB, sondern insbesondere auch aus § 2 Abs. 5 der AGB entnehmen ließ, nicht darin, die Klägerin mit der Einziehung des Rückkaufswertes zu beauftragen, den der Versicherungsnehmer in der Regel ohne Weiteres selbst vom Versicherer durch Kündigung des Lebensversicherungsvertrages erlangen konnte. Vielmehr zielte der Auftrag vor allem darauf, die sog. künftigen Erstattungen zu realisieren, nämlich nach Möglichkeit eine Rückerstattung der eingezahlten Versicherungsprämien und weitere Leistungen, etwa eine Nutzungsentschädigung für die Prämien, vom Versicherer zu erhalten.
Jedenfalls für den vereinbarten Anteil an künftigen Erstattungen, der das entscheidende Ziel für den Vertragsabschluss darstellte, blieb es mithin dabei, dass der Versicherungsnehmer ihn nur dann erhalten sollte, wenn die Klägerin eine entsprechende Zahlung des Versicherers durchsetzen konnte. Das zeigte, dass das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der für den Vertrag wesentlichen künftigen Erstattungen weiterhin beim Versicherungsnehmer verbleiben sollte. Insofern war es unerheblich, dass ein Anspruch auf den Rückkaufswert übersteigende künftige Erstattungen im Streitfall von der Klägerin nicht geltend gemacht wurde.
Zwar hieß es in einer Regelung der AÄV, die Käuferin übernehme das Bonitätsrisiko "vollumfänglich". Ausweislich der Verknüpfung mit der im ersten Satzteil genannten Fälligkeitsregelung des § 3 Abs. 1 der AGB durch das Wort "mithin" wurde eine solche Risikoübernahme aber lediglich daraus gefolgert, dass die an den Verkäufer zu leistende Kaufpreiszahlung mit Eingang der Bestätigung des Versicherers fällig werden konnte. Aus dieser Fälligkeitsregelung, die ohnehin nur den aus dem Rückkaufswert abgeleiteten Teil des Kaufpreises, nicht jedoch die darüber hinausgehenden weiteren Erstattungen betraf, ergab sich die vollumfängliche Übernahme des Bonitätsrisikos nach dem oben Gesagten aber gerade nicht.
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