Wortfolge "for you" ist hinreichend unterscheidungskräftig für Waren aus dem Gesundheits- und Ernährungsbereich
BGH 10.7.2014, I ZB 81/13Für den Markeninhaber ist seit März 2002 die im Juni 2001 angemeldete Wortmarke "for you" für Waren aus dem Gesundheits- und Ernährungsbereich eingetragen. Die Antragstellerin hatte im März 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, da sie nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig sei.
Das Deutsche Patent- und Markenamt wies den Löschungsantrag zurück; das BPatG ordnete hingegen die Löschung an. Es war der Ansicht, dass die Voraussetzungen einer Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1 u. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorgelegen hätten. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Markeninhabers hob der BGH den Beschluss wieder auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BPatG zurück.
Gründe:
Die angegriffene Marke war nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden. Die Beurteilung der Vorinstanz, der Streitmarke habe zum Anmeldezeitpunkt jegliche Unterscheidungskraft i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gefehlt, wurde nicht von seinen Feststellungen getragen.
Unterscheidungskraft i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden. Maßgeblich ist die Anschauung des angesprochenen Verkehrs, d.h. die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers.
Dieser großzügige Beurteilungsmaßstab gilt auch für Wortfolgen, an deren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer kürzeren Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen sowie Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denjenigen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein.
Insofern hatte das BPatG zu Recht angenommen, das Zeichen "for you" sei eine aus allgemein geläufigen, zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Wörtern sprachregelgerecht gebildete Wortfolge, deren Bedeutung "für Dich/für Sie/für Euch" sich für einen großen Teil des Verkehrs ohne weiteres erschloss und erschließt. Allerdings hatte es weiter angenommen, die Wortfolge "for you" werde i.S. eines Hinweises auf Produkte verstanden, die individuell an die persönlichen Bedürfnisse der Abnehmer angepasst würden und die damit über eine besondere, wenn auch nicht näher konkretisierte Qualität oder Beschaffenheit verfügten, so dass die in Rede stehende Wortfolge für die eingetragenen Waren vorrangig eine werblich anpreisende Sachaussage vermittle. Diese Ausführungen hielten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
Diese machte zu Recht geltend, ein auf eine individuelle Produktanpassung gerichtetes Verkehrsverständnis liege in Anbetracht der üblichen Verkaufsform der in Frage stehenden Waren fern. So handelt es sich bei den geschützten Nahrungsmitteln wie Fleisch, Wild, Eiern, Milch, Brot oder Tee um land- oder forstwirtschaftlich gewonnene Naturprodukte, bei deren Vertrieb von vornherein keine Möglichkeit zur individuellen Anpassung an Verbraucherwünsche besteht. Auch werden pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse und Substanzen für medizinische und nichtmedizinische Zwecke ebenso wie die geschützten Lebensmittelverarbeitungen industriell oder jedenfalls im handwerklichen Maßstab als verkaufsfähiges Endprodukt für den Verbraucher hergestellt, ohne eine individuelle Anpassung an dessen Bedürfnisse zu erlauben. Das BPatG hatte keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Verkehr die Wortfolge "for you" ausschließlich als Kaufappell versteht, dem jegliche herkunftshinweisende Bedeutung fehlt. Dies gilt jedenfalls für den Anmeldezeitpunkt 2001.
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