13.11.2017

Yen-Zinsderivate-Kartelle: Zur Beteiligung der Icap-Gruppe

Die EU-Kommission konnte die Beteiligung der Icap-Gruppe an einem der Kartelle betreffend Yen-Zinsderivate nicht beweisen. Die Kommission hat zudem eine zu lange Dauer hinsichtlich der Beteiligung von Icap an drei Kartellen angesetzt und die Methode für die Berechnung der Geldbuße nicht hinreichend begründet.

EuG 10.11.2017, T-180/15
Der Sachverhalt:
Im Jahr 2013 verhängte die Kommission Geldbußen in einer Gesamthöhe von rd. 670 Mio. € gegen die Bankinstitute UBS, RBS, Deutsche Bank, Citigroup und JPMorgan sowie gegen den Broker RP Martin wegen Beteiligung an einem oder mehreren Kartellen im Sektor der Yen-Zinsderivate. Die Kommission deckte sieben verschiedene bilaterale Zuwiderhandlungen von einer Dauer von einem bis zehn Monaten auf, die zwischen 2007 und 2010 stattgefunden hatten.

Dabei hatten sich u.a. Händler der beteiligten Banken über bestimmte Yen-Libor-Quotierungen ausgetauscht. Die betreffenden Händler hatten auch mehrfach wirtschaftlich sensible Informationen zu Handelspositionen oder künftigen Yen-Libor-Quotierungen ausgetauscht. Da die vorstehend genannten Unternehmen ihre Beteiligung an den Kartellen einräumten, konnte die Kommission die Angelegenheit in einem Vergleichsverfahren erledigen.

Die Icap-Gruppe, die nach den Feststellungen der Kommission sechs der sieben aufgedeckten Kartelle unterstützt hatte, entschied sich gegen einen Vergleich, so dass ihr gegenüber das ordentliche Verfahren angewandt wurde. Mit Beschluss vom 4.2.2015 erlegte die Kommission der Icap-Gruppe eine Geldbuße von rd. 15 Mio. € auf. Icap reichte beim EuG Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission ein.

Das EuG erklärte den Beschluss der Kommission teilweise für nichtig. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Der Kommission ist bei ihrer Feststellung, dass die Icap zur Last gelegten Zuwiderhandlungen ihrem Zweck nach wettbewerbsbeschränkend gewesen seien, weder ein Rechts- noch ein Beurteilungsfehler unterlaufen.

Die Kommission konnte im Zusammenhang mit dem bilateralen Kartell, das die Banken UBS und RBS im Jahr 2008 bildeten, nicht den Beweis erbringen, dass Icap von der Rolle wusste, die RBS in diesem Kartell spielte. In Anbetracht der vorhandenen Beweise konnte die Kommission auch nicht berechtigterweise zu dem Schluss gelangen, dass Icap den Verdacht hätte schöpfen müssen, dass der Hintergrund für die Anfragen von UBS im Jahr 2008 eine Kollusion mit einer anderen Bank (RBS) war. Dieser Teil des Kommissionsbeschlusses, in dem die Beteiligung von Icap an dem bilateralen Kartell zwischen UBS und RBS im Jahr 2008 festgestellt wird, war daher für nichtig zu erklären.

Die von der Kommission beigebrachten Beweise belegen nicht die Dauer von dreien der Kartelle, an denen Icap beteiligt gewesen sein soll. Die Kommission konnte nicht beweisen, dass Icap am UBS/RBS-Kartell von 2007 nach dem 22.8.2007, am Citi/RBS-Kartell zwischen dem 5.3.und dem 27.4.2010 und am Citi/UBS-Kartell zwischen dem 28.4. und dem 18.5.2010 beteiligt war.

Weiterhin muss die Kommission bei "hybriden" Vergleichsverfahren, die nicht alle Teilnehmer an einer Zuwiderhandlung betreffen, die Unschuldsvermutung beachten, die für das nicht vergleichswillige Unternehmen gilt. Indem die Kommission schon in ihrem Beschluss von 2013 im Anschluss an das Vergleichsverfahren, an dem Icap nicht teilnahm, zur Verantwortlichkeit von Icap wegen "Unterstützung" der betreffenden Zuwiderhandlungen Stellung genommen hat, hat sie die für Icap geltende Unschuldsvermutung missachtet. Allerdings hat diese Missachtung keine unmittelbare Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses; der etwaige Mangel an Unparteilichkeit, der daraus auf Seiten der Kommission hätte resultieren können, hatte unter den gegebenen Umständen keine Folgen für den Inhalt des angefochtenen Beschlusses.

Schließlich hat die Kommission in ihrem Beschluss nicht die Methode erläutert, die sie anwandte, um die Beträge der verhängten Geldbußen festzusetzen. Der Teil des Beschlusses, mit dem die Geldbußen festgesetzt werden, war insoweit wegen unzureichender Begründung für nichtig zu erklären.

Linkhinweis:

Für die auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 79 vom 13.7.2017
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