Zeitpunkt der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs für dessen Rechtmäßigkeit entscheidend
BGH 6.7.2017, I ZB 11/16Die Parteien sind Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag enthält eine Reglung, wonach die Gesellschafter nicht unbefugt Kenntnisse über die Gesellschaft an Außenstehende weitergeben dürfen. Ein mittlerweile verstorbener Gesellschafter hatte seine Beteiligung an der Gesellschaft im Wege der Schenkung auf den Todesfall jeweils zur Hälfte an die beiden Antragsgegner übertragen. Er hatte zudem bestimmt, dass die Beschenkten seinem Erben, einer gemeinnützigen Stiftung, dauerhaft eine Unterbeteiligung an der geschenkten Gesellschaftsbeteiligung einzuräumen haben. Die zwischen den Antragsgegnern und der Stiftung geschlossenen Verträge beinhalten, dass die Antragsgegner der Stiftung Informationen über die Kommanditgesellschaft zu erteilen haben.
Die Antragsteller sind die anderen Gesellschafter der Kommanditgesellschaft. Sie nahmen die Antragsgegner aufgrund des vertraglichen Auskunftserteilungsverbots im Wege der Schiedsklage auf Unterlassung in Anspruch. Das Schiedsgericht untersagte es den Antragsgegnern, der Stiftung nach den Unterbeteiligungsverträgen geschuldete Informationen über die Kommanditgesellschaft zu erteilen.
Die Stiftung nahm sodann den Antragsgegner zu 1 vor den ordentlichen Gerichten aus dem Unterbeteiligungsvertrag u.a. auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Anspruch. Das OLG verurteilte den Antragsgegner zu 1 dazu, der Stiftung über seine Unterbeteiligung an der Kommanditgesellschaft Rechnung zu legen. Die Nichtzulassungsbeschwerde dazu ist noch anhängig.
Das OLG erklärte den Schiedsspruch nach Antrag der Antragssteller für vollstreckbar. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragsgegner hatte jedoch vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat den Schiedsspruch mit Recht für vollstreckbar erklärt. Nach § 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs nur abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Insbesondere ist der Schiedsspruch nicht nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchstb. B ZPO aufzuheben, weil seine Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies wäre dann der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob es zu den deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in untragbaren Widerspruch steht, wenn ein Schiedsspruch vollstreckt wird, der den Anspruch auf eine Leistung tituliert, die für den Schuldner unmöglich ist.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, welches mit der öffentlichen Ordnung unvereinbar ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung des OLG über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs an. Zu diesem Zeitpunkt war es den Antragsgegnern nicht unmöglich die durch den Schiedsspruch titulierte Geheimhaltungsverpflichtung zu erfüllen, selbst dann, wenn sie durch das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten zur Auskunft verpflichtet waren.
Der Anspruch auf Leistung ist nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Verpflichtet sich ein Schuldner gegenüber zwei Gläubigern zu einer Leistung, die er nur einmal erbringen kann, führt das nicht ohne Weiteres zum Ausschluss des Leistungsanspruchs aus beiden Verträgen oder aus einem der Verträge. Der Schuldner kann zwar nur einen Vertrag erfüllen. Welche Erfüllung ihm unmöglich ist, steht aber erst im Zeitpunkt der Erfüllung des anderen fest. Da zum Zeitpunkt der Vollstreckbarerklärung, keine Erfüllung der Auskunftserteilungsverpflichtung gegeben war, war es den Antragsgegner möglich, ihre Geheimhaltungspflicht zu erfüllen.
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