06.08.2018

Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags auf Freigabe einer Sicherheit

Der Antrag auf "Freigabe" einer Grundschuld genügt für sich dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. Denn er lässt nicht mit der für das Vollstreckungsverfahren erforderlichen Bestimmtheit erkennen, welche der im Rahmen eines Wahlschuldverhältnisses nach §§ 262 ff. BGB gegebenen Arten der Rückgewähr der Antragsteller als Sicherungsgeber beansprucht.

BGH 8.5.2018, XI ZR 207/17
Der Sachverhalt:

Die Parteien schlossen im April 2006 einen Darlehensvertrag über 87.000 € zu einem bis zum 30.4.2021 festen Nominalzinssatz von 4,42 % p.a. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten diente eine Grundschuld. Bei Abschluss des Darlehensvertrags belehrte die Beklagte den Kläger fehlerhaft über das ihm zukommende Widerrufsrecht. Mit Zugang bei der Beklagten am 18.9.2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. Auch nach Erklärung des Widerrufs und während des laufenden Rechtsstreits erbrachte der Kläger Leistungen an die Beklagte.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung von rd. 76.000 € nebst Zinsen, Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten, "Freigabe" der Grundschuld Zug um Zug "gegen Zahlung des noch valutierenden Darlehensbetrages und des für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens vereinbarten Sollzinses" sowie Feststellung. Die Beklagte beantragte mit ihrer Hilfswiderklage den Kläger zu verurteilen, an sie rd. 43.000 € nebst Zinsen zu zahlen.

Das LG gab der Klage insoweit statt, als es die Beklagte zur "Freigabe" der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung von rd. 43.000 € nebst Zinsen verurteilt hat. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Hilfswiderklage der Beklagten gab es in vollem Umfang statt. Auf die Berufung des Klägers, mit der er zuletzt noch das Anliegen verfolgt hat, die Hilfswiderklage abzuweisen, soweit sie den Betrag von rd. 200 € übersteige, die Beklagte zur Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten zu verurteilen, Feststellungen zum Entstehen eines Rückgewährschuldverhältnisses zu treffen und die Beklagte zu verurteilen, die Grundschuld "freizugeben", änderte das KG das Urteil des LG teilweise ab. Es erkannte dahin, der Kläger werde auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte rd. 4.000 € nebst Zinsen zu zahlen Zug um Zug gegen "Freigabe der Grundschuld", und die Beklagte werde verurteilt, "die Grundschuld freizugeben" Zug um Zug gegen Zahlung von rd. 4.000 € nebst Zinsen an die Beklagte. Im Übrigen wies es die Klage und die Widerklage ab.

Dagegen richtet sich die vom KG zugelassene Revision des Klägers, mit der er geltend macht, das KG habe sowohl bei seiner Verurteilung auf die Widerklage als auch bei der Formulierung des Zug-um-Zug-Vorbehalts eine weitere Aufrechnung des Klägers mit einer Gegenforderung i.H.v. rd. 1.500 € außer Acht gelassen. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und entschied wie folgt: Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte rd. 2.000 € nebst Zinsen zu zahlen Zug um Zug gegen die Erklärung der Beklagten, dass sie die Grundschuld im Grundbuch i.H.v. 87.000 € aufgibt und die Löschung dieses Rechts im Grundbuch bewilligt. Die Beklagte wird verurteilt, die Erklärung abzugeben, dass sie die Grundschuld im Grundbuch i.H.v. 87.000 € aufgibt und die Löschung dieses Rechts im Grundbuch bewilligt Zug um Zug gegen Zahlung von rd. 2.000 € nebst Zinsen.

Die Gründe:

Die Ausführungen des KG halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Das KG ist allerdings im Ergebnis richtig davon ausgegangen, die Klage auf Rückgewähr der Grundschuld sei i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt.

Zwar genügt der Antrag auf "Freigabe" einer Grundschuld für sich dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. Denn er lässt nicht mit der für das Vollstreckungsverfahren erforderlichen Bestimmtheit erkennen, welche der im Rahmen eines Wahlschuldverhältnisses nach §§ 262 ff. BGB gegebenen Arten der Rückgewähr - Aufhebung der Grundschuld, §§ 875, 1183, 1192 Abs. 1 BGB, Abgabe einer Verzichtserklärung, die eine Eigentümergrundschuld entstehen lässt, § 1168 Abs. 1, § 1192 Abs. 1 BGB, oder Abtretung an sich oder einen Dritten, §§ 1154, 1192 Abs. 1 BGB - der Kläger als Sicherungsgeber beansprucht.

Die hinreichende Bestimmtheit kann hier aber durch Auslegung des Prozessvortrags des Klägers hergestellt werden. Der Kläger hat in der Klageschrift und erneut im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 27.9.2016 zu erkennen gegeben, er wünsche die "Löschung" und damit die Aufhebung der Grundschuld. Daraus ergibt sich, dass er (nur) diese Art der Rückgewähr verlangt.

Das KG hat entgegen den Rügen der Revision nicht gegen Verfahrensrecht verstoßen. Der von der Revision der Sache nach unter Verweis darauf, das LG habe einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen ungekürzt berücksichtigt, gerügte Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot (§ 528 S. 2 ZPO) fällt dem KG nicht zur Last.

Das KG hat indessen in der Sache nicht beachtet, dass, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (BGH 25.4.2017, XI ZR 108/16), einer Aufrechnung auch nicht zumindest teilweise entgegensteht, dass der Zufluss von Nutzungen den Anfall von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nach sich ziehen kann. Das KG hätte demzufolge einen weiteren der Höhe nach von der Beklagten nicht angegriffenen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen über rd. 1.500 € zugunsten des Klägers berücksichtigen müssen.

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