21.09.2012

Zu den Auswirkungen von Treu und Glauben bei unwirksamen Vollmachten

In Fällen, in denen sich ein Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit der Vollmacht des Vertreters der Gegenseite berufen kann, ist es ihm auch verwehrt, seine Erklärungen nach § 178 BGB zu widerrufen. Infolgedessen darf er die Gegenseite auch nicht gem. § 177 Abs. 2 BGB zu einer Genehmigung des Vertrages auffordern.

BGH 20.7.2012, V ZR 217/11
Der Sachverhalt:
Die Beklagten hatten von der T-GmbH im Oktober 1991 eine Eigentumswohnung gekauft. Sie wurden Ende 1992 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Bei Abschluss des Vertrages war lediglich eine Rechtsanwältin zugegen. Sie vertrat sowohl die T-GmbH als auch - aufgrund einer von dieser erteilten Untervollmacht - die Beklagten. Die Beklagten hatten die T-GmbH im Rahmen eines mit dieser zuvor abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zur Abgabe aller Erklärungen bevollmächtigt, die zu dem Erwerb der Wohnung erforderlich waren. Über eine Erlaubnis nach dem RBerG verfügte die T-GmbH nicht.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurde im Jahr 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Januar 2009 erläuterte der damalige Insolvenzverwalter, dass sowohl der Geschäftsbesorgungsvertrag als auch die hierin erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das RBerG schwebend unwirksam und die auf der Basis der Vollmachten abgegebenen Erklärungen - Kaufvertrag und Auflassung - nichtig seien. Er forderte die Beklagten auf, sich bzgl. der Genehmigung der Verträge zu erklären. Die Beklagten reagierten zunächst nicht darauf. Erst bei Aufforderung zur Abgabe der zu einer Grundbuchberichtigung notwendigen Erklärungen im Dezember 2009 erklärten die Beklagten vorsorglich die Genehmigung des Kaufvertrages und der Auflassung.

Der Kläger, der derzeitige Insolvenzverwalter, verlangte daraufhin von den Beklagten, die Umschreibung des Eigentums an der Wohnung auf die Insolvenzschuldnerin zu bewilligen. Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Vorinstanzen hatten im Ergebnis zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagten kein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs gem. § 894 BGB zusteht. Der Eigentumserwerb der Beklagten war dadurch wirksam geworden, dass sie im Dezember 2009 die von der T-GmbH für sie abgegebene Auflassungserklärung genehmigt hatten.

Die der T-GmbH im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages erteilte Vollmacht war nichtig und die Auflassung deshalb zunächst schwebend unwirksam. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung bedurfte derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstücks- bzw. Wohnungserwerbs im Rahmen eines Steuerspar- oder Bauträgermodells besorgt, bis zum 30.6.2008 der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Eine solche besaß die T-GmbH allerdings nicht. Es lagen auch keine besonderen Umstände, die dazu führten, den Geschäftsbesorgungsvertrag und die darin erteilte Vollmacht ausnahmsweise als wirksam anzusehen, vor.

Die Vollmacht war auch nicht in Ansehung der §§ 171, 172 BGB wirksam. Denn dient die Vollmacht - wie hier in Bezug auf Kaufvertrag und Auflassung - lediglich dem Abschluss von Rechtsgeschäften zwischen dem zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen, können sich diese im Verhältnis untereinander nicht auf den Gutglaubensschutz der §§ 171, 172 BGB berufen. Infolgedessen war die Genehmigung der schwebend unwirksamen Auflassungserklärung durch die Beklagten im Dezember 2009 noch möglich.

Das Recht des Vertretenen zur Genehmigung in seinem Namen abgegebener Willenserklärungen ist nicht befristet. Der Schwebezustand dauert an, solange die Genehmigung nicht erteilt oder verweigert wurde oder nach § 177 Abs. 2 S. 2 BGB als verweigert gilt und solange der Vertragspartner seine Erklärungen nicht gem. § 178 BGB widerrufen hat. Entgegen der Auffassung des Klägers galt die Genehmigung der Beklagten trotz der Aufforderung des früheren Insolvenzverwalters aus Januar 2009 nicht gem. § 177 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB als verweigert. Dem Insolvenzverwalter ist es nämlich nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der Vollmacht zu berufen; dies hatte hier zur Folge, dass er auch nicht berechtigt war, die Beklagten zu einer Erklärung über die Genehmigung der mittels dieser Vollmacht geschlossenen Verträge i.S.v. § 177 Abs. 2 BGB aufzufordern.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück