29.09.2014

Zu den Hinweispflichten bei Anlagegeschäften

Gebühren können bei Anlagegeschäften nur berechnet werden, wenn darauf vor Vertragsschluss in deutlicher Art und Weise hingewiesen wurde. Schließlich wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vermutet, dass der Anleger bei zutreffender Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.

AG München 31.7.2014, 122 C 4188/14
Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten im Januar 2011 einen Ratenkauf-, Kauf- und Lagervertrag mit der beklagen Edelmetallhändlerin abgeschlossen. Beide verpflichteten sich, jeweils 80 € im Monat für die Dauer von 10 (Ehefrau) bzw. 20 (Ehemann) Jahren auf ein Depot einzuzahlen. Infolgedessen zahlten sie vom 1.3.11 bis 1.3.13 jeweils insgesamt 1.920 €, der Ehemann außerdem zusätzlich einen Einmalbetrag von 2036 € ein. Das Ehepaar hatte damit insgesamt rund 5876 € als Geldanlage investiert.

Bei dem Anlagemodell sollte für die einbezahlte Geldsumme jeweils Edelmetall in Form von Gold und/oder Silber erworben werden, was dann eingelagert wurde. Einen Prospekt oder Katalog über das Anlagemodell hatte das Ehepaar nicht erhalten. Über etwaige Depot- oder Abschlussgebühren waren sie nicht aufgeklärt worden. Die von der Edelmetallhändlerin an das Ehepaar übersandten Schreiben enthielten keinen Hinweis auf etwaige allgemeine Geschäftsbedingungen.

Im März 2013 kündigte das Ehepaar die beiden Anlagedepots mit sofortiger Wirkung und forderte von der Beklagten die Auszahlung der einbezahlten Beträge. Die Beklagte erstattete daraufhin 933 €. Den Rest verrechnete sie mit Gebühren. Sie machte geltend, dass vertraglich vereinbarte Gebühren i.H.v. 4943 € entstanden und vom Ehepaar an sie zu zahlen seien. Die Klägerin forderte daraufhin gerichtlich den Restbetrag i.H.v. 4943 € zurück.

Das AG gab der Klage statt. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Gründe:
Die Klägerin durfte den Vertrag kündigen und hat infolgedessen einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte.

Die AGB der Beklagten mit der Regelung der Gebühren wurden nicht Vertragsinhalt, da sie in den Vertragsformularen nicht enthalten gewesen waren. Aber selbst wenn die AGB und die Pflicht zur Zahlung der Gebühren Vertragsinhalt geworden wären, könnte das Ehepaar das gesamte Geld zurückverlangen. Schließlich sind Anlagevermittler bzw. Anlageunternehmen bei den Vertragsverhandlungen über Anlagegeschäfte verpflichtet, die Anleger vollständig und zutreffend über das langfristige Anlagemodell zu unterrichten.

Im vorliegenden Fall waren die Gebührenansprüche ungewöhnlich hoch, da sie die Anlage im Fall einer vorzeitigen Kündigung als wirtschaftlich völlig sinnlos erscheinen ließen. Auf diesen aufklärungsbedürftigen Umstand hatte die Beklagte oder der Anlagevermittler das Ehepaar nicht hingewiesen. Die Beklagte hätte ungefragt über diesen Punkt ihres Produkts vor Abschluss des Vertrages aufklären müssen oder zumindest dem Ehepaar rechtzeitig vor Abschluss des Vertrages diese Information in deutlicher Art und Weise zukommen lassen müssen.

Infolgedessen hat die Beklagte eine Pflichtverletzung bei Vertragsschluss begangen und muss dem Ehepaar nunmehr den Anlageschaden zurückzahlen. Schließlich wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vermutet, dass der Anleger bei zutreffender Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.

AG München PM v. 26.9.2014
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