Zu den versicherten Aufräumkosten in einer Wohngebäudeversicherung gehören auch Folgekosten
LG München I 11.8.2017, 26 O 8529/16Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung für sein Grundstück. Für die Haupt- und Nebengebäude besteht Versicherungsschutz für das Risiko Sturm und Hagel. Der Versicherung liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung, Fassung 2010 Allianz Optimal (VGB, Anlage K2) zugrunde.
Im April 2015 war das Sturmtief Niklas über die Region gezogen, in der sich auch das Grundstück des Klägers befand. Es wurden Orkanböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 192 km/h gemessen. Auf dem Grundstück des Klägers befanden sich zwei ca. 30 Meter hohe Fichten, die durch den Sturm derart beschädigt wurden, dass sie drohten, auf das Nachbargrundstück zu fallen. Feuerwehr und Ordnungsamt beurteilten das drohende Fallen der Bäume als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und nahmen den Kläger als Störer auf Beseitigung in Anspruch. Dem kam der Kläger nach.
Die Kosten für die Beseitigung der Fichten i.H.v. 4.539 € wurden von der Beklagten unter Abzug des vereinbarten Selbstbehalts ersetzt. Mit der Ersatzbepflanzung beauftragte der Kläger den Gartenbauer M. Die dadurch entstandenen Kosten i.H.v. 741 € wurden ebenfalls von der Beklagten ausgeglichen. Durch die Aufräumarbeiten bzw. die schweren Maschinen wurde allerdings auch die Rasenfläche auf dem Grundstück des Klägers beschädigt. Der Kläger beauftragte den M. mit der Wiederherstellung der Rasenfläche. Hierfür stellte dieser eine Rechnung über 8.038 € aus. Die Beklagte erstattete hiervon jedoch nur 2.641 €.
Der Kläger war der Ansicht, die Kosten für die Wiederherstellung des Rasens seien ersatzfähig. Die Beseitigung von einsturz-oder umsturzgefährdeten Bäumen stelle eine Rettungsmaßnahme dar, die daraus entstehenden Kosten seien Rettungskosten. Die Schäden, die anlässlich von Rettungsmaßnahmen entstehen, hier die Schäden an der Rasenfläche, seien im Rahmen der Aufopferung zu ersetzen. Die Beklagte verweigerte dennoch weiteren Zahlungen.
Das LG wies die Klage auf Zahlung von weiteren 5.342 € ab.
Die Gründe:
Zwar hat der Kläger grundsätzlich einen Anspruch aus § 2 Abs. 5 VGB auf Ersatz der notwendigen Kosten für die Wiederherstellung der Rasenfläche. Nach der gefestigten BGH-Rechtsprechung sind Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Unter der Überschrift "Aufräumungskosten für Bäume" sind in § 2 Abs. 5 VGB insofern "notwendige Kosten" als versichert aufgeführt, um dessen Auslegung die Parteien gestritten hatten.
Beim Begriff der "notwendigen Kosten" handelt es sich um einen Begriff, der in der Rechtssprache Verwendung findet und im allgemeinen wie der Begriff der erforderlichen Aufwendungen in § 249 BGB verstanden wird. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruches hätte der Schädiger auch Folgekosten zu tragen, die nicht unmittelbar durch seine schädigende Handlung entstehen, sondern Folge der Beseitigung des von ihm verursachten Schadens sind. Wäre es zur Beseitigung der Bäume erforderlich gewesen, über das Nachbargrundstück anzufahren und wären dadurch Schäden entstanden, so wären diese Kosten - weil der Ersatz einem Dritten geschuldet wäre - ohne weiteres als Fällungs- bzw. Aufräumkosten anzusehen und dann auch von den notwendigen Kosten im Rahmen des § 2 Abs. 5 VGB erfasst. Die Versicherung hätte diese also zu trage. Nichts anderes wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer den Versicherungsbedingungen entnehmen, wenn es nicht um Schäden geht, die er bei einem Nachbarn herbeigeführt hat durch den Fällungsauftrag, sondern um Schäden auf seinem eigenen Grundstück.
Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrags über die bereits durch die Beklagte erbrachten Leistungen hinaus, weil die ihm von Seiten des Gartenbauers M. in Rechnung gestellten Aufwendungen nicht notwendig i.S.v. § 2 Abs. 5 VGB waren, was ein schriftliches Sachverständigengutachten letztlich bestätigt hatte. Die Differenz zwischen den berechneten notwendigen Aufwendungen und der tatsächlichen Rechnung des Gartenbauers M. dürfte damit zu begründen sein, dass die Rechnung des Gartenbauers überhöht ist, auch weil dieser einen tatsächlich nicht nötigen Zeitaufwand angesetzt hatte.
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