Zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 34c GewO a.F.
BGH v. 14.7.2020 - VI ZR 208/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Kapitalanlage in Anspruch. Der Zedent beteiligte sich nach vorangegangener Beratung durch den für die Beklagte tätigen Berater G. mit Beitrittserklärung vom 27. August 2007 mit einem Betrag i.H.v. 10.000 € zzgl. 500 € Agio über eine Treuhandgesellschaft an dem geschlossenen Patentfonds A. GmbH & Co. KG.
Der Berater G. verfügte, anders als die Beklagte, im hier maßgeblichen Zeitraum über eine Erlaubnis nach § 34c GewO in der zum Zeichnungszeitpunkt geltenden Fassung des Gesetzes vom 19.12.2006 (BGBl. I S. 3232; nachfolgend: § 34c GewO a.F.). Die Klägerin begehrt Ersatz des dem Zedenten entstandenen Zeichnungsschadens. Sie hat behauptet, der Zedent sei über bestimmte mit der Beteiligung verbundene Risiken nicht aufgeklärt worden. Auch habe sich der Berater nicht zu den Weichkosten des Fonds geäußert.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung des § 34c GewO a.F. als Schutzgesetz abgelehnt. Die Beklagte übte eine gewerbsmäßige Vermittlungs- oder Nachweismaklertätigkeit hinsichtlich einer der in § 34c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GewO a.F. genannten Kapitalanlagen aus und bedurfte dafür einer gewerberechtlichen Erlaubnis. Das OLG durfte auch offenlassen, ob § 34c GewO a.F. grundsätzlich als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers in Betracht kommt. Denn selbst wenn man dies unterstellt, steht einer Haftung der Beklagten jedenfalls entgegen, dass der im Streitfall geltend gemachte Schaden außerhalb des sachlichen Schutzzwecks der Norm liegt.
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung setzt ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes voraus, dass es sich bei der Vorschrift, die verletzt wurde, um eine Rechtsnorm handelt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes oder eines bestimmten Rechtsinteresses zu schützen. Im konkreten Schaden muss sich dabei die Gefahr verwirklicht haben, vor der die betreffende Norm schützen sollte. Der eingetretene Schaden muss also in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Norm fallen. Nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b GewO a.F. bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig den Abschluss von Verträgen über den Erwerb von Anteilscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft, von ausländischen Investmentanteilen, von sonstigen öffentlich angebotenen Vermögensanlagen, die für gemeinsame Rechnung der Anleger verwaltet werden, oder von öffentlich angebotenen Anteilen an einer und von verbrieften Forderungen gegen eine Kapitalgesellschaft oder Kommanditgesellschaft vermittelt oder die Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge nachweist.
Geht man davon aus, dass die in dieser Weise in § 34c GewO a.F. ausgestaltete Erlaubnispflicht auch dem Schutz von Vermögensinteressen des einzelnen Kapitalanlegers dienen soll, kommt als sachlicher deliktsrechtlicher Zweck dieser Norm nur der Schutz vor Vermögensschädigungen in Betracht, die durch die Tätigkeit von im gewerberechtlichen Sinne unzuverlässigen oder in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebenden, also "unseriösen" Vermittlern oder Nachweismaklern bei ihren Gläubigern verursacht werden. Dass ein weitergehender, an eine fehlende Erlaubnis anknüpfender deliktsrechtlicher Schutz des Kapitalanlegers vor Vermögensschäden durch die Vermittlung von Anlagegeschäften vom Gesetzgeber intendiert war, kann aufgrund dessen Vorgaben zum Prüfungsgegenstand des Erlaubnisverfahrens nicht angenommen werden.
Im Streitfall verlangt die Klägerin Ersatz des Zeichnungsschadens des Zedenten wegen unzureichender Informationen über die für ihn entscheidungsrelevanten Besonderheiten der Kapitalanlage. Die Klägerin macht dabei jedoch nicht geltend, dass dieser Schaden im Zusammenhang mit den Prüfungsgegenständen des Erlaubnisverfahrens nach § 34c GewO a.F. stünde, also mit den Vermögensverhältnissen der Beklagten und der Zuverlässigkeit der für sie handelnden Personen im gewerberechtlichen Sinne, wobei die Person des Beraters des Zedenten insoweit schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil dieser unstreitig über eine Erlaubnis nach § 34c GewO a.F. verfügte. Ein entsprechender Bezug ist auch nicht ersichtlich. Damit fehlt es am notwendigen Zusammenhang zwischen dem konkreten Schaden und dem in Betracht kommenden sachlichen Schutzzweck der Norm.
BGH online
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Kapitalanlage in Anspruch. Der Zedent beteiligte sich nach vorangegangener Beratung durch den für die Beklagte tätigen Berater G. mit Beitrittserklärung vom 27. August 2007 mit einem Betrag i.H.v. 10.000 € zzgl. 500 € Agio über eine Treuhandgesellschaft an dem geschlossenen Patentfonds A. GmbH & Co. KG.
Der Berater G. verfügte, anders als die Beklagte, im hier maßgeblichen Zeitraum über eine Erlaubnis nach § 34c GewO in der zum Zeichnungszeitpunkt geltenden Fassung des Gesetzes vom 19.12.2006 (BGBl. I S. 3232; nachfolgend: § 34c GewO a.F.). Die Klägerin begehrt Ersatz des dem Zedenten entstandenen Zeichnungsschadens. Sie hat behauptet, der Zedent sei über bestimmte mit der Beteiligung verbundene Risiken nicht aufgeklärt worden. Auch habe sich der Berater nicht zu den Weichkosten des Fonds geäußert.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung des § 34c GewO a.F. als Schutzgesetz abgelehnt. Die Beklagte übte eine gewerbsmäßige Vermittlungs- oder Nachweismaklertätigkeit hinsichtlich einer der in § 34c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GewO a.F. genannten Kapitalanlagen aus und bedurfte dafür einer gewerberechtlichen Erlaubnis. Das OLG durfte auch offenlassen, ob § 34c GewO a.F. grundsätzlich als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers in Betracht kommt. Denn selbst wenn man dies unterstellt, steht einer Haftung der Beklagten jedenfalls entgegen, dass der im Streitfall geltend gemachte Schaden außerhalb des sachlichen Schutzzwecks der Norm liegt.
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung setzt ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes voraus, dass es sich bei der Vorschrift, die verletzt wurde, um eine Rechtsnorm handelt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes oder eines bestimmten Rechtsinteresses zu schützen. Im konkreten Schaden muss sich dabei die Gefahr verwirklicht haben, vor der die betreffende Norm schützen sollte. Der eingetretene Schaden muss also in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Norm fallen. Nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b GewO a.F. bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig den Abschluss von Verträgen über den Erwerb von Anteilscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft, von ausländischen Investmentanteilen, von sonstigen öffentlich angebotenen Vermögensanlagen, die für gemeinsame Rechnung der Anleger verwaltet werden, oder von öffentlich angebotenen Anteilen an einer und von verbrieften Forderungen gegen eine Kapitalgesellschaft oder Kommanditgesellschaft vermittelt oder die Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge nachweist.
Geht man davon aus, dass die in dieser Weise in § 34c GewO a.F. ausgestaltete Erlaubnispflicht auch dem Schutz von Vermögensinteressen des einzelnen Kapitalanlegers dienen soll, kommt als sachlicher deliktsrechtlicher Zweck dieser Norm nur der Schutz vor Vermögensschädigungen in Betracht, die durch die Tätigkeit von im gewerberechtlichen Sinne unzuverlässigen oder in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebenden, also "unseriösen" Vermittlern oder Nachweismaklern bei ihren Gläubigern verursacht werden. Dass ein weitergehender, an eine fehlende Erlaubnis anknüpfender deliktsrechtlicher Schutz des Kapitalanlegers vor Vermögensschäden durch die Vermittlung von Anlagegeschäften vom Gesetzgeber intendiert war, kann aufgrund dessen Vorgaben zum Prüfungsgegenstand des Erlaubnisverfahrens nicht angenommen werden.
Im Streitfall verlangt die Klägerin Ersatz des Zeichnungsschadens des Zedenten wegen unzureichender Informationen über die für ihn entscheidungsrelevanten Besonderheiten der Kapitalanlage. Die Klägerin macht dabei jedoch nicht geltend, dass dieser Schaden im Zusammenhang mit den Prüfungsgegenständen des Erlaubnisverfahrens nach § 34c GewO a.F. stünde, also mit den Vermögensverhältnissen der Beklagten und der Zuverlässigkeit der für sie handelnden Personen im gewerberechtlichen Sinne, wobei die Person des Beraters des Zedenten insoweit schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil dieser unstreitig über eine Erlaubnis nach § 34c GewO a.F. verfügte. Ein entsprechender Bezug ist auch nicht ersichtlich. Damit fehlt es am notwendigen Zusammenhang zwischen dem konkreten Schaden und dem in Betracht kommenden sachlichen Schutzzweck der Norm.