Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Einfirmenvertreters kraft Vertrages
BGH 18.7.2013, VII ZB 45/12Die Klägerin betreibt ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das insbesondere Vermögensanlagen, Versicherungen und Bausparverträge vermittelt. Der Beklagte war für sie ab 2007 aufgrund eines Vermögensberater-Vertrags als Handelsvertreter tätig. Danach war dem Beklagten verboten, für Konkurrenzunternehmer tätig zu sein. Eine anderweitige Tätigkeit durfte der Beklagte laut Vertrag frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf.
Der Beklagte kündigte diesen Vertrag. Die Klägerin verlangte daraufhin von ihm die Rückzahlung angeblich überzahlter Provisionsvorschüsse i.H.v. 16.801 € sowie die Rückzahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens i.H.v. 3.052 €.
Der Beklagte rügte in erster Instanz die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs und machte geltend, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 ArbGG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben sei. Das LG gab der Klage nahezu vollständig statt. Es war der Ansicht, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Das Berufungsgericht trat in ein Vorabverfahren nach § 17a GVG ein und sprach durch Beschluss aus, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten war gem. § 13 GVG eröffnet.
Danach gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für näher bezeichnete bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Handelsvertreter i.S.d. § 84 Abs. 1 HGB gelten nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann. Dazu gehören Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (sog. Einfirmenvertreter) und Handelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist.
Für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots i.S.d. § 92a Abs. 1 S. 1 Alt. 1 HGB reicht allerdings ein vereinbartes Konkurrenzverbot - wie im vorliegenden Fall - nicht aus. Schließlich wird dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs tätig zu werden. Auch die Vereinbarung einer bloßen Anzeigepflicht reicht für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots i.S.v. § 92a Abs. 1 S. 1 Alt. 1 HGB regelmäßig nicht aus, weil dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Infolgedessen konnte der Beklagte nicht als Einfirmenvertreter kraft Vertrags eingestuft werden, weshalb hieraus auch keine Einstufung des Beklagten als Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG i.V.m. § 92a HGB resultierte.
Die Beschränkung des besonderen Schutzes gem. § 92a HGB auf den Einfirmenvertreter findet ihre Rechtfertigung darin, dass er in seiner Stellung am stärksten einem Angestellten angenähert ist; der Einfirmenvertreter ist an einen bestimmten Unternehmer gebunden, für den er seine Arbeitskraft und -zeit einsetzen muss und von dem er dadurch wirtschaftlich völlig abhängig ist. So lag der Fall auch hier angesichts der lediglich 21-tägigen Wartefrist und des fehlenden Vetorechts der Klägerin bezüglich der Aufnahme einer Tätigkeit für weitere Unternehmer nicht.
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