04.09.2013

Zu Hinweispflichten auf bankrechtliche Bedenken in Anlageprospekten und den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft

In Anlageprospekten muss auf bankrechtliche Bedenken gegen eine bestimmte Anlageform hingewiesen werden, wenn mit der Verwirklichung der daraus folgenden Bedenken ernsthaft zu rechnen ist und diese Risiken jedenfalls nicht nur ganz entfernt liegen. Die Kündigung einer Gesellschaft, die nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam gilt, ist aus diesem Gesichtspunkt nur dann wirksam, wenn sich der Kündigende zumindest auch auf den Mangel des Gesellschaftsvertrages stützt.

BGH 23.7.2013, II ZR 143/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger beteiligte sich im Januar 2003 als stiller Gesellschafter an der beklagten GmbH & Co. KG. Als Einlage zahlte er 10.000 €. Den Beitrittsantrag hatte für die Beklagte, vertreten durch ihre Komplementärin, einer von deren zwei Geschäftsführern angenommen. Dieser Geschäftsführer war nicht einzelvertretungsberechtigt. Nach dem Gesellschaftsvertrag war das Auseinandersetzungsguthaben der stillen Gesellschafter nach ihrem Ausscheiden mit 5 % zu verzinsen und in vier Raten innerhalb von zwei Jahren auszuzahlen.

Im Oktober 2006 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm die Höhe seiner Gewinnanteile mitzuteilen, verschiedene Bilanzen und Steuererklärungen vorzulegen und weitere Auskünfte zu erteilen. Als die Beklagte nicht antwortete, erklärte der Kläger im Dezember 2006 die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses aus wichtigem Grund zum Jahresende.

Der Kläger verlangte gerichtlich die Rückzahlung seiner Einlage und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, im zweiten Rechtszug hilfsweise die Verurteilung der Beklagten, eine Auseinandersetzungsbilanz zum 31.12.2006 aufzustellen. Das LG gab der Klage statt; das KG wies sie ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als der Hilfsantrag abgewiesen worden war und wies die Sache im Umfang der Aufhebung an das KG zurück.

Gründe:
Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Aufklärung über das Anlagemodell nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB. Insofern hatte das KG richtig gesehen, dass ein Anleger über bankrechtliche Bedenken gegen eine bestimmte Anlageform zwar grundsätzlich aufgeklärt werden muss, allerdings nicht über jedes Risiko, sondern nur über solche Risiken, mit deren Verwirklichung ernsthaft zu rechnen ist oder die jedenfalls nicht nur ganz entfernt liegen.

Bei der Gesellschafter-Einlage steht die Bildung einer Zweckgemeinschaft im Vordergrund. Dementsprechend nimmt der stille Gesellschafter regelmäßig - und so auch hier - nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust teil. Wird die Gesellschaft aufgelöst, hat er keinen Anspruch auf eine Rente zum Zweck der Altersversorgung. Das Auseinandersetzungsguthaben ist vielmehr unter Berücksichtigung der Verlustanteile zu berechnen. Dass es nach der hier vorliegenden gesellschaftsvertraglichen Regelung in vier Raten über zwei Jahre auszuzahlen war, hatte lediglich den Zweck, die Liquidität des Handelsunternehmens zu erhalten. Derartige Regelungen sind im Gesellschaftsrecht üblich. Dass sie eine bankrechtliche Erlaubnis voraussetzen, vertritt weder die BaFin noch die Rechtsprechung, mit Ausnahme des LG im vorliegenden Fall.

Auch ein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB bestand nicht. Unerheblich war, ob der zweite Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten dem Vertragsschluss zugestimmt hatte, was bei einem nicht einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer an sich erforderlich ist. Die Gesellschaft war jedenfalls nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln. Denn nach ständiger BGH-Rechtsprechung sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch auf typische oder atypische stille Gesellschaften anwendbar. Damit gilt die Gesellschaft als wirksam zustande gekommen, wenn sie trotz Wirksamkeitsmängeln beim Vertragsschluss in Vollzug gesetzt wurde und kein Ausnahmefall vorliegt, in dem die Grundsätze nicht anwendbar sind, wie etwa bei einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten.

Zu Unrecht hatte das KG allerdings den Hilfsantrag, eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen, abgewiesen. Ein derartiger Anspruch setzt voraus, dass der Kläger die Gesellschaft wirksam gekündigt hat. Die Kündigung des Klägers konnte nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft begründet sein. Denn wenn der nicht alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer das Beteiligungsangebot des Klägers ohne Zustimmung des zweiten Geschäftsführers angenommen hatte, ist der stille Gesellschaftsvertrag nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wie bereits dargelegt - als wirksam zu behandeln. Jeder Vertragsteil hat dann das Recht, den Vertrag unter Berufung auf den Vertragsmangel durch sofort wirksame Kündigung nach § 234 Abs. 1 HGB, § 723 BGB zu beenden mit der Folge, dass der stille Gesellschafter gegebenenfalls einen nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln zu berechnenden Abfindungsanspruch hat. Dabei muss die fristlose Kündigung aber zumindest auch auf den Vertragsmangel gestützt werden.

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