13.09.2017

Zugabe von Kuschelsocken bei Arzneimitteln verstößt gegen Preisbindung

Deutschen Apothekern ist es verboten, von dem sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergebenden einheitlichen Apothekenabgabepreis abzugehen. Sie dürfen ihren Kunden beim Erwerb verschreibungspflichtiger und sonstiger preisgebundener Arzneimittel keine geldwerten Vorteile gewähren, etwa durch das Gewähren von Rabatten oder sonstigen Preisnachlässen sowie von Zuwendungen und Werbegaben und die Werbung hierfür.

OVG Münster 8.9.2017, 13 A 2979/15 u.a.
Der Sachverhalt:
Die beiden klagenden Apothekerinnen gaben in den Jahren 2013 und 2014 Gutscheine für eine Rolle Geschenkpapier bzw. ein Paar Kuschelsocken heraus. Diese Gutscheine wurden "bei Abgabe eines Rezeptes" eingelöst. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sah darin einen Verstoß gegen die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel und untersagte die Abgabe solcher Gutscheine. Dagegen wendeten sich die Klägerinnen mit ihren Klagen.

Das VG wies die Klagen ab. Die Berufungen der Klägerinnen hatten vor dem OVG keinen Erfolg. Die Revisionen zum BVerwG wurden nicht zugelassen.

Die Gründe:
Deutschen Apothekern ist es verboten, von dem sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergebenden einheitlichen Apothekenabgabepreis abzugehen, insbesondere durch das Gewähren von Rabatten oder sonstigen Preisnachlässen sowie von Zuwendungen und Werbegaben und die Werbung hierfür.

Gegen diese Preisbindung haben die beiden Apothekerinnen verstoßen, weil die in dem Gutschein versprochene Sachzuwendung den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen lässt. Der Kunde spart eigene Aufwendungen, indem er gegen Abgabe des Gutscheins eine Ware des täglichen Bedarfs erhält. Dass diese nur einen geringen Wert (weniger als 0,50 €) hat, ist im Rahmen der Preisbindung unerheblich, weil diese keine Bagatellgrenze für (zulässige) Abweichungen kennt.

Die Preisbindungsvorschriften sind verfassungsgemäß. Sie dienen der bundesweiten gleichmäßigen Versorgung mit Arzneimitteln und verstoßen weder gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit noch gegen den Gleichheitssatz. Unionsrecht ist ebenfalls nicht verletzt. Es lässt bei Arzneimitteln nationale Vorschriften zur Preisbindung und zu deren Durchsetzung zu. Daran ändert auch das EuGH-Urteil vom 19.10.2016 (C-148/15) nichts, nach dem die Preisbindungsvorschriften für ausländische Versandapotheken nicht gelten. Dieser Wettbewerbsvorteil für ausländische Versandapotheken hat sich noch nicht gravierend zu Lasten inländischer Apotheken ausgewirkt.

Ob, wann und wie der nationale Gesetzgeber auf die Entscheidung des EuGH reagieren wird, um die Inländerdiskriminierung zu beseitigen, aber gleichwohl die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten, ist offen. Jedenfalls sind die Apothekerkammern nicht gehalten, bei dieser Sachlage von Maßnahmen bei Verstößen gegen nationale Preisbindungsvorschriften abzusehen.

OVG Münster PM vom 8.9.2017
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