Zulassungsfreie Rechtsbeschwerde: Nicht jede Nichtbeachtung einer Verfahrensvorschrift stellt zwangsläufig eine Verfassungsverletzung dar
BGH 22.5.2014, I ZB 34/12Der Antragsteller ist ein kommunaler Zweckverband. Er hatte die Löschung der im August 2002 für die Deutsche Bahn AG, eingetragenen Wortmarke "S-Bahn" beantragt. Die Marke ist eingetragen für zahlreiche Waren der Klassen 16, 25 und 28 sowie für die Dienstleistungen.
Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes ordnete daraufhin die Löschung der Marke an. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin hob das BPatG den Beschluss auf und wies den Löschungsantrag zurück, soweit die Löschung der Marke für die Waren "Klasse 16: Papier und Pappe (Karton), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Globen und Wandtafelzeichengeräten; Klasse 28: Tennisschläger, Rollschuhe, Schlittschuhe" angeordnet worden war; das weitergehende Rechtsmittel wies es zurück. Der BGH wies die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin zurück.
Gründe:
Ohne Erfolg machte die Rechtsbeschwerde geltend, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde sei nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG begründet, weil das BPatG die Rechtsbeschwerde zum BGH nicht zugelassen habe. Denn mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG kann nicht geltend gemacht werden, eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das BPatG sei entgegen § 83 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 MarkenG willkürlich unterblieben.
Zwar kann eine unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs einer Partei auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zur Folge haben. Jedoch ist nicht jede fehlerhafte Anwendung oder Nichtbeachtung einer Verfahrensvorschrift des einfachen Rechts über die Rechtsmittelzulassung zugleich eine Verfassungsverletzung. Die Entscheidung eines Gerichts, ein Rechtsmittel nicht zuzulassen, verstößt nur dann gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG, wenn sie willkürlich erfolgt.
In einer unterbliebenen Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und damit ein Verfahrensmangel i.S.v. § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG liegen. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt allerdings nicht schon allein darin, dass sich aus einer Entscheidung nicht ersehen lässt, von welchen Erwägungen sich das BPatG bei der Entscheidung hat leiten lassen, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen. Die Entscheidung des BPatG, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, ist fachgerichtlich nicht überprüfbar und unterliegt damit keinem verfassungsrechtlichen Begründungszwang. Nach diesen Maßstäben war auch im vorliegenden Fall keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gegeben.
Da das BPatG die von der Markeninhaberin zur Zulassung der Rechtsbeschwerde vorgetragenen Gründe beschieden und die Markeninhaberin auch nicht in einer ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzenden Weise am Vortrag zu weiteren Zulassungsgründen gehindert worden waren, lag auch kein Begründungsmangel i.S.v. § 83 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG vor, der der Rechtsbeschwerde hätte zum Erfolg verhelfen können.
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