03.02.2015

Zum Anspruch auf Unterlassung von Pressemeldungen im Fall einer identifizierenden Textberichterstattung

Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht. Für ein Überwiegen der geschützten Interessen der Medien spricht auch der Umstand, dass die angegriffene Berichterstattung den Betroffenen nur in seiner beruflichen Sphäre betrifft.

BGH 13.1.2015, VI ZR 386/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger betreibt mehrere Friseurgeschäfte und ist in der Vergangenheit als Friseur zahlreicher Prominenter bekannt geworden. Im März 2012 veröffentlichten die BILD-Zeitung und das Internetportal www.bild.de unter der Überschrift "Filialleiter von U.W. [voller Name des Klägers] mit 'Hells Angels' verhaftet" einen Artikel, in dem im Wesentlichen darüber berichtet wurde, dass Benjamin S., ein Mitarbeiter des Klägers, zusammen mit einem Freund und zwei Mitgliedern der Gruppierung "Hells Angels" wegen des Vorwurfs der versuchten schweren räuberischen Erpressung verhaftet worden sei.

Der Kläger war der Ansicht, er müsse es nicht dulden, für die Herausgeber der Publikationen (Beklagten) als Aufmacher für ein Ermittlungsverfahren gegen eine dritte Person herzuhalten. Er nahm sie deshalb darauf in Anspruch, es zu unterlassen, ihn namentlich im Zusammenhang mit einer Festnahme eines Herrn Benjamin S. zu erwähnen, insbesondere wenn dies wie geschehen passiere.

LG und KG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Vorentscheidungen auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers war nicht rechtswidrig. Das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 (auch i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten war mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Diese Abwägung ergab - anders als die Vorinstanzen meinten -, dass die geschützten Interessen der Beklagten diejenigen des Klägers überwiegen.

Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die im angegriffenen Artikel der Beklagten aufgestellten Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen.

Besondere Umstände, aufgrund derer die Abwägung trotzdem zulasten der Meinungs- und Medienfreiheit der Beklagten ausfallen könnten, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht für ein Überwiegen der geschützten Interessen der Beklagten auch der Umstand, dass die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in seiner beruflichen Sphäre betrifft. Schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, wie sie nach BGH-Rechtsprechung erforderlich wären, um an Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre negative Sanktionen knüpfen zu können, drohten und drohen nicht. Die angegriffene Berichterstattung belastet den Kläger nur in geringem Maße. Insbesondere drohen - in Bezug auf den Kläger - weder soziale Ausgrenzung noch Stigmatisierung oder Prangerwirkung.

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