11.11.2015

Zum Anspruch des Sicherungszessionars gegen den Verwalter bei erloschener Forderung und nicht mehr durchsetzbarem Bereicherungsanspruch

Der Sicherungszessionar, dessen Forderung nach nochmaliger, an sich unwirksamer Abtretung gem. §§ 408, 407 BGB erloschen ist und dessen dadurch entstandener Bereicherungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung wegen Wegfalls der Bereicherung des Bereicherungsschuldners nicht mehr durchsetzbar ist, hat gegen den Verwalter Anspruch auf Herausgabe des Erlangten.

BGH 22.10.2015, IX ZR 171/14
Der Sachverhalt:
Die klagende S war die Hausbank der G-mbH (Schuldnerin). Am 20.1.1997 trat ihr die Schuldnerin zur Sicherung aller Ansprüche aus bankmäßiger Geschäftsverbindung sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus Warenlieferungen und Leistungen gegen alle Kunden und Schuldner mit den Anfangsbuchstaben A bis Z ab. Mit Schreiben vom 24.6.2004 gab die Klägerin die von der Globalzession erfassten Forderungen der Schuldnerin gegen das H aus den Auftragslosen 1, 4, 7 und 9 frei. Hintergrund war eine vom zuständigen Finanzamt ausgebrachte Kontenpfändung, die durch die Abtretung der freigegebenen Forderungen abgewendet werden sollte.

Die Schuldnerin trat neben den freigegebenen Forderungen auch die Forderungen aus dem Auftragslos 2 an das Finanzamt ab. In der Zeit vom 17.11.2004 zum 25.1.2005 zahlte das H Beträge von insgesamt rd. 143.000 € auf Forderungen aus dem Los 2 an das Finanzamt. Auf Antrag vom 31.1.2005 wurde am 1.3.2005 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Finanzamt gewährte die insgesamt erhaltenen 143.000 € infolge der geltend gemachten Insolvenzanfechtung an die Insolvenzmasse zurück. Nunmehr verlangt die Klägerin die Zahlung von 127.500 € nebst Zinsen, wobei sie eine Feststellungs- und Verwertungspauschale von 9 Prozent in Abzug gebracht hat.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung gegen das Urteil des LG zurück.

Die Gründe:
Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von 127.500 € nebst Zinsen folgt aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB, § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO.

Der Beklagte hat die im Wege der Insolvenzanfechtung erlangten Beträge unmittelbar auf Kosten der Klägerin erlangt. Bis zur Rückgewähr der 127.500 € zur Masse stand der Klägerin gegen das Finanzamt ein Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB auf Herausgabe dieses Betrages zu. Das Finanzamt hatte die wegen der vorgehenden Sicherungszession nicht wirksam abgetretenen Werklohnforderungen, die das Los 2 betrafen, unberechtigt eingezogen. Gem. § 408, 407 Abs. 1 BGB musste die Klägerin die Zahlungen gegen sich gelten lassen. Das Finanzamt hätte die erlangten Beträge deshalb an die Klägerin herausgeben müssen. Dieser Anspruch der Klägerin gegen das Finanzamt ist durch dessen Zahlungen an den Beklagten entfallen.

Ist der Zahlungsempfänger, wie hier das Finanzamt, aufgrund des Anfechtungsanspruchs auf Rückgewähr zur Masse in Anspruch genommen worden und hat er diesen Anspruch erfüllt, kann er sich gegenüber dem Anspruch des Sicherungszessionars, hier der Klägerin, gem. § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Anfechtungsanspruch oder dem Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB der Vorrang gebührt. Der Bereicherungsanspruch der Klägerin ist also mit der Zahlung an den Beklagten erloschen. Der Beklagte hat die Zahlungen des Finanzamtes ohne rechtlichen Grund erlangt.

Der Anspruch des Beklagten gegen das Finanzamt aus § 143 Abs. 1, § 131 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr oder Wertersatz stellte im Verhältnis zur Klägerin keinen Rechtsgrund dar. Gegenüber Dritten begründet die Insolvenzanfechtung keinen rechtlichen Grund für das Behaltendürfen des Anfechtungsgegenstandes. Rechtsfolge des Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten. Da die streitgegenständlichen Beträge erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gelangt sind, stellt der Bereicherungsanspruch der Klägerin gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine Masseverbindlichkeit dar. Gegen die Forderungsberechnung hat der Beklagte keine Einwände mehr erhoben.

Es folgt auch kein Wertungswiderspruch daraus, dass das Absonderungsrecht der Klägerin dann, wenn die Schuldnerin die fraglichen Forderungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - wozu sie berechtigt gewesen wäre - selbst eingezogen hätte, ersatzlos erloschen wäre. So lag der Fall hier nicht. Hätten die Forderungen nach der Eröffnung noch bestanden, hätte die Klägerin ein Absonderungsrecht gehabt. So lag der Fall hier allerdings ebenfalls nicht. Die Schuldnerin hatte die Forderungen unberechtigt nochmals abgetreten, woraufhin sie unrechtmäßig eingezogen worden sind. Der Anspruch der Klägerin aus § 816 Abs. 2 BGB, der sich nach vollzogener Insolvenzanfechtung als Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB gegen die Masse fortsetzt, kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass in anderen Fallkonstellationen kein Anspruch oder ein Anspruch in anderer rechtlicher Ausgestaltung bestanden hätte.

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