Zum Auskunftsanspruch über frühere Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung
BGH v. 6.2.2024 - VI ZR 15/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei dem Beklagten privat kranken- und pflegeversichert. Der Beklagte hatte in den Jahren 2018 und 2020 die Beiträge erhöht. Der Kläger hielt die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig und forderte den Beklagten auf, ihm Auskunft über weitere, bereits im Jahr 2016 erfolgte Beitragserhöhungen zu erteilen und ihm dabei die Anschreiben, Begründungen nebst Beiblättern zur Beitragsanpassung sowie die Nachträge zum Versicherungsschein zur Verfügung zu stellen. Die entsprechenden Unterlagen lägen ihm nicht vor.
Das LG hat der Klage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs stattgegeben. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Auf die Revision des Beklagten hat der BGH das Urteil des OLG insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten hinsichtlich des Auskunftsantrags zurückgewiesen worden war und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Der geltend gemachte Anspruch ließ sich, wie der BGH nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Urt. v. 27.9.2023 - IV ZR 177/22), nicht auf Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO stützen.
Zwar war Art. 15 DSGVO entgegen der Auffassung der Revision im Streitfall in zeitlicher Hinsicht anwendbar, obwohl die Verarbeitungsvorgänge, auf die sich das Auskunftsersuchen bezieht, im Jahr 2016 und damit vor dem 25.5.2018 als dem Anwendungsdatum der Datenschutz-Grundverordnung (Art. 99 Abs. 2 DSGVO) ausgeführt wurden. Denn das streitgegenständliche Auskunftsersuchen selbst wurde erst nach diesem Datum vorgebracht. Allerdings legt Art. 15 Abs. 3 DSGVO die praktischen Modalitäten für die Erfüllung des Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO fest, gewährt aber keinen weitergehenden eigenen Anspruch.
Der Begriff "Kopie" in Art. 15 Abs. 3 DSGVO bezieht sich nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält. Die Kopie muss daher alle personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Die Reproduktion von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken kann sich aber dann als unerlässlich erweisen, wenn die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich ist, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten und der betroffenen Person die wirksame Ausübung ihrer Rechte zu gewährleisten.
Diese Ausnahme hat vorliegend jedoch nicht gegriffen. Denn der Kläger hatte weder dazu vorgetragen noch war sonst ersichtlich, dass die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich wäre, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten, sodass ausnahmsweise die Übermittlung einer Kopie des jeweiligen vollständigen Begründungsschreibens samt Anlagen nötig wäre (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2023 - IV ZR 177/22. Die Entscheidung über den Auskunftsantrag erwies sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen konnte der Kläger sein streitgegenständliches Auskunftsbegehren auch nicht auf Treu und Glauben nach § 242 BGB stützen.
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BGH online
Der Kläger ist bei dem Beklagten privat kranken- und pflegeversichert. Der Beklagte hatte in den Jahren 2018 und 2020 die Beiträge erhöht. Der Kläger hielt die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig und forderte den Beklagten auf, ihm Auskunft über weitere, bereits im Jahr 2016 erfolgte Beitragserhöhungen zu erteilen und ihm dabei die Anschreiben, Begründungen nebst Beiblättern zur Beitragsanpassung sowie die Nachträge zum Versicherungsschein zur Verfügung zu stellen. Die entsprechenden Unterlagen lägen ihm nicht vor.
Das LG hat der Klage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs stattgegeben. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Auf die Revision des Beklagten hat der BGH das Urteil des OLG insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten hinsichtlich des Auskunftsantrags zurückgewiesen worden war und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Der geltend gemachte Anspruch ließ sich, wie der BGH nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Urt. v. 27.9.2023 - IV ZR 177/22), nicht auf Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO stützen.
Zwar war Art. 15 DSGVO entgegen der Auffassung der Revision im Streitfall in zeitlicher Hinsicht anwendbar, obwohl die Verarbeitungsvorgänge, auf die sich das Auskunftsersuchen bezieht, im Jahr 2016 und damit vor dem 25.5.2018 als dem Anwendungsdatum der Datenschutz-Grundverordnung (Art. 99 Abs. 2 DSGVO) ausgeführt wurden. Denn das streitgegenständliche Auskunftsersuchen selbst wurde erst nach diesem Datum vorgebracht. Allerdings legt Art. 15 Abs. 3 DSGVO die praktischen Modalitäten für die Erfüllung des Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO fest, gewährt aber keinen weitergehenden eigenen Anspruch.
Der Begriff "Kopie" in Art. 15 Abs. 3 DSGVO bezieht sich nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält. Die Kopie muss daher alle personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Die Reproduktion von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken kann sich aber dann als unerlässlich erweisen, wenn die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich ist, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten und der betroffenen Person die wirksame Ausübung ihrer Rechte zu gewährleisten.
Diese Ausnahme hat vorliegend jedoch nicht gegriffen. Denn der Kläger hatte weder dazu vorgetragen noch war sonst ersichtlich, dass die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich wäre, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten, sodass ausnahmsweise die Übermittlung einer Kopie des jeweiligen vollständigen Begründungsschreibens samt Anlagen nötig wäre (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2023 - IV ZR 177/22. Die Entscheidung über den Auskunftsantrag erwies sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen konnte der Kläger sein streitgegenständliches Auskunftsbegehren auch nicht auf Treu und Glauben nach § 242 BGB stützen.
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