Zum Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB beim Darlehensvertrag
BGH v. 17.12.2024 - XI ZR 89/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Mai 2017 einen PKW Audi Q5 erworben. Zur Finanzierung des Kaufpreises und einer Restschuldversicherung, für die ein "Beitrag zum KSB Plus für AU, Tod und ALV" gesondert ausgewiesen war, schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag über 63.516 €. Das mit einem Sollzinssatz von 2,86% p.a. verzinsliche Darlehen sollte in 36 Monatsraten und einer Schlussrate von 34.161 € zurückgezahlt werden. Zur Fälligkeit enthielt der Vertrag ebenso Regelungen.
Am 22.10.2018 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. Gerichtlich begehrte er die Feststellung, dass seine primäre Leistungspflicht aus dem Darlehensvertrag aus Mai 2017 zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs erloschen ist. LG und OLG haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Der Kläger hat den streitgegenständlichen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Zwar stand ihm bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu und die Widerrufsfrist begann nicht zu laufen, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Dies war aber vorliegend bei Abschluss des Darlehensvertrags im Mai 2017 der Fall, so dass der Widerruf vom 22.10.2018 verspätet war.
Zu den Pflichtangaben gehört nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247, § 6 Abs. 2 EGBGB die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Dem ist die Beklagte nachgekommen. Anders als die Revision meinte, hat die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, erfüllt. Insoweit konnte sie sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen. Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB genügt eine den verbundenen Vertrag gegenüber anderen Verträgen abgrenzende Individualisierung, die durch die Benennung des Vertragsgegenstands genauso erfolgen kann wie durch die Verwendung einer Bezeichnung, die dem verbundenen Vertrag im Text des Darlehensvertrags zugeordnet ist.
Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB steht - was der Senat mit Urteil vom 27.2.2024 (XI ZR 258/22) entschieden und im Einzelnen begründet hat - das Urteil des EuGH vom 21.12.2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21 - BMW Bank u.a.) nicht entgegen. Die von der Revision befürwortete richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Form einer teleologischen Reduktion überschritte im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, ihren Sinn und Zweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte. Für die Erfüllung der Pflichtangabe ist zudem nicht notwendig, dass im Kreditvertrag jeder Fälligkeitstag der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen durch Bezugnahme auf ein genaues Datum angegeben wird, sofern die Vertragsbedingungen es dem Verbraucher ermöglichen, ohne Schwierigkeiten und mit Sicherheit die Daten dieser Zahlungen zu erkennen (Senatsurteil vom 10.12.2024 - XI ZR 85/22).
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Der Kläger hatte im Mai 2017 einen PKW Audi Q5 erworben. Zur Finanzierung des Kaufpreises und einer Restschuldversicherung, für die ein "Beitrag zum KSB Plus für AU, Tod und ALV" gesondert ausgewiesen war, schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag über 63.516 €. Das mit einem Sollzinssatz von 2,86% p.a. verzinsliche Darlehen sollte in 36 Monatsraten und einer Schlussrate von 34.161 € zurückgezahlt werden. Zur Fälligkeit enthielt der Vertrag ebenso Regelungen.
Am 22.10.2018 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. Gerichtlich begehrte er die Feststellung, dass seine primäre Leistungspflicht aus dem Darlehensvertrag aus Mai 2017 zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs erloschen ist. LG und OLG haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Der Kläger hat den streitgegenständlichen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Zwar stand ihm bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu und die Widerrufsfrist begann nicht zu laufen, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Dies war aber vorliegend bei Abschluss des Darlehensvertrags im Mai 2017 der Fall, so dass der Widerruf vom 22.10.2018 verspätet war.
Zu den Pflichtangaben gehört nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247, § 6 Abs. 2 EGBGB die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Dem ist die Beklagte nachgekommen. Anders als die Revision meinte, hat die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, erfüllt. Insoweit konnte sie sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen. Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB genügt eine den verbundenen Vertrag gegenüber anderen Verträgen abgrenzende Individualisierung, die durch die Benennung des Vertragsgegenstands genauso erfolgen kann wie durch die Verwendung einer Bezeichnung, die dem verbundenen Vertrag im Text des Darlehensvertrags zugeordnet ist.
Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB steht - was der Senat mit Urteil vom 27.2.2024 (XI ZR 258/22) entschieden und im Einzelnen begründet hat - das Urteil des EuGH vom 21.12.2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21 - BMW Bank u.a.) nicht entgegen. Die von der Revision befürwortete richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Form einer teleologischen Reduktion überschritte im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, ihren Sinn und Zweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte. Für die Erfüllung der Pflichtangabe ist zudem nicht notwendig, dass im Kreditvertrag jeder Fälligkeitstag der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen durch Bezugnahme auf ein genaues Datum angegeben wird, sofern die Vertragsbedingungen es dem Verbraucher ermöglichen, ohne Schwierigkeiten und mit Sicherheit die Daten dieser Zahlungen zu erkennen (Senatsurteil vom 10.12.2024 - XI ZR 85/22).
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