Zum Schadensersatzanspruch bei Vollziehung eines unrichtigen Steuerbescheides
BGH 13.9.2012, III ZR 249/11Der Kläger hatte 1977 ein Grundstück erworben, auf dem er eine Tennisanlage errichtete. Die Sportanlage verpachtete er. Im Jahr 1993 veräußerte der Kläger das Grundstück für 15 Mio. DM an eine Bank. Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass der Veräußerungserlös der Tennisanlage als gewerbliche Einkünfte steuerlich zu erfassen gewesen wäre. Aufgrund des Verdachts der Steuerhinterziehung fand daraufhin eine Fahndungsprüfung für die Jahre 1988 bis 1996 statt.
Daraufhin erließ das Finanzamt wegen der aus seiner Sicht erheblichen Straferwartung und zu erwartender hoher Steuernachforderungen eine Arrestanordnung. Aufgrund dieser erging eine Pfändungsverfügung gegen die Bank als Drittschuldnerin, die u.a. die in einem Wertpapierdepot verwahrten Wertpapiere zum Gegenstand hatte. In dem hiergegen gerichteten Verfahren entschied der BFH letztlich am 18.5.2006, dass der 1994 erfasste Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks unberücksichtigt zu bleiben habe. In der Folge wurden durch das Zentralfinanzamt die Arrestanordnungen aufgehoben.
Später verlangte der Kläger von dem beklagten Land Ersatz des Schadens (Kursverluste ab dem Jahr 2001), der ihm dadurch entstanden sein soll, dass sich die Finanzverwaltung im Sommer 2001 weigerte, der Übertragung des - von ihr im Wege des Steuerarrestes gepfändeten - Wertpapierdepots des Klägers auf ein "aktiv gemanagtes" Depot bei einer Schweizer Bank zuzustimmen. Der Kläger berief sich hierbei auf einen Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO (analog).
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Die Gründe:
Eine Haftung der Beklagten nach § 945 ZPO analog war abzulehnen.
Durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene Schäden sind nicht nach § 945 ZPO zu ersetzen. Die Frage der analogen Anwendung des § 945 ZPO bedurfte keiner abschließenden Beantwortung, da das OLG mit Recht davon ausgegangen war, dass Vollstreckungsmaßnahmen auf der Grundlage der Arrestanordnung den behaupteten Schaden nicht herbeigeführt hatten und schon deshalb ein Schadensersatzanspruch nach dieser Vorschrift nicht gegeben war.
Zwar ergingen im vorliegenden Fall aufgrund der Arrestanordnungen der Finanzverwaltung das Wertpapierdepot erfassende Pfändungsverfügungen gegen die Bank als Drittschuldnerin. Aber noch vor der Verweigerung der Zustimmung durch die Finanzverwaltung und erst recht noch vor Entstehen der vom Kläger als Schaden geltend gemachten Kursverluste waren im Juni und August 2000 Steuerbescheide ergangen, die auch die durch die Arrestanordnung und Pfändungsverfügung gesicherten Steuerforderungen für das Jahr 1994 betrafen. Durch diese Steuerbescheide wurde das Arrestverfahren in das normale Vollstreckungsverfahren übergeleitet und als solches fortgeführt. Das Arrestpfandrecht wandelte sich somit in ein - den Rang wahrendes - Pfändungspfandrecht um, ohne dass es einer erneuten Pfändung und einer Aufhebung der Arrestanordnung bedurfte.
Da somit die Rechtslage nicht anders zu beurteilen war, als wenn die Pfändung des Wertpapierdepots erst bzw. nur aufgrund der Steuerbescheide ausgesprochen worden wäre, es also am Zurechnungszusammenhang zwischen der vorausgegangenen (erledigten) Arrestpfändung und dem geltend gemachten Schaden fehlte, hat das OLG zutreffend § 945 ZPO für nicht einschlägig erachtet.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.