Zum stillschweigenden Vertragsschluss durch Energieverbrauch
BGH 22.7.2014, VIII ZR 313/13Das Verfahren betrifft die Frage, mit wem ein Vertrag durch die Entnahme von Energie zustande kommt, wenn ein schriftlicher Liefervertrag nicht abgeschlossen worden und das mit Energie versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet ist.
Das klagende Energieversorgungsunternehmen begehrt von der Beklagten als Mitmieterin eines Einfamilienhauses in Berlin eine Vergütung i.H.v. rd. 7.000 € für das in dem Einfamilienhaus in der Zeit vom 1.10.2005 bis zum 23.7.2008 verbrauchte Gas. Die Beklagte hatte den gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten abgeschlossenen Mietvertrag aus "Bonitätsgründen" als zweite Mieterin unterschrieben, in dem Einfamilienhaus allerdings nicht gewohnt.
Das LG gab der Zahlungsklage statt; das KG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG zurück.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Zahlung der Vergütung für das verbrauchte Gas.
Der VIII. Zivilsenat hat vorliegend seine Rechtsprechung, dass sich das in dem Leistungsangebot des Energieversorgungsunternehmens schlüssig enthaltene Angebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags (sog. "Realofferte") typischerweise an denjenigen richtet, der nach außen erkennbar die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, präzisiert.
Danach kommt es nicht maßgeblich auf die Eigentümerstellung, sondern auf die hierdurch vermittelte Zugriffsmöglichkeit auf den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt an. Soweit das Grundstück vermietet oder verpachtet ist, steht die tatsächliche Verfügungsgewalt entsprechend der aus dem Mietvertrag folgenden rechtlichen Befugnis dem Mieter zu. Das gilt auch für mehrere gemeinschaftliche Mieter eines Einfamilienhauses. Dementsprechend richtet sich mangels anderer Anhaltspunkte das Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig an sämtliche Mieter.
Das typischerweise an alle Mieter gerichtete Angebot des Energieversorgungsunternehmens wird von demjenigen, der die Energie entnimmt, konkludent angenommen, und zwar sowohl für sich selbst als auch im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter. Die Vertretungsmacht beruht im Streitfall jedenfalls auf den Grundsätzen der Duldungsvollmacht. Indem die Beklagte den Mietvertrag unterzeichnete und den Mitmieter im Anschluss daran allein in das Haus einziehen ließ, duldete sie es willentlich, dass er die - zur Nutzung zwingend erforderliche - Heizung in Betrieb nahm, Gas verbrauchte und damit die Realofferte der Klägerin annahm.
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