Zum Vergütungsanspruch des über das Vermögen des Emittenten bestellten gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger
BGH v. 21.1.2021 - IX ZR 77/20
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Gläubiger inhaltsgleicher Anleihen, welche die zwischenzeitlich insolvente Z. GmbH & Co. KG (Schuldnerin) im Rahmen einer Gesamtemission begeben hat. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde die Klägerin mit Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger vom 4.7.2011 zu deren gemeinsamen Vertreter bestellt. Sie meldete die Ansprüche der Anleihegläubiger, auch den Anspruch des Beklagten, zur Insolvenztabelle an.
Der Beklagte hatte nicht an der Gläubigerversammlung teilgenommen, in welcher der Beschluss zur Bestellung des gemeinsamen Vertreters gefasst worden war. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin eine nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechnete Vergütung, deren Höhe sich nach dem Nennwert der Forderung des Beklagten von 13.000 € bemesse.
AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch gegen den Beklagten zu.
Als Grundlage eines Anspruchs der Klägerin gegen den Beklagten kommt in erster Linie ein durch den Mehrheitsbeschluss der Gläubigerversammlung und das Einverständnis der Klägerin begründetes Schuldverhältnis in Betracht. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG können die Gläubiger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin durch Mehrheitsbeschluss zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Insolvenzverfahren einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen. Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters ist im Schuldverschreibungsgesetz gesondert geregelt. Gem. § 7 Abs. 6 SchVG trägt der Schuldner die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger entstehenden Kosten und Aufwendungen einschließlich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist klar und eindeutig, soweit sie den Anspruchsgegner benennt.
Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die Vergütung des gemeinsamen Vertreters nicht den Gläubigern, sondern der Schuldnerin aufzuerlegen. Hier heißt es nämlich: "Die Gläubiger sollen nicht mit Kosten belastet werden, da sie nicht über gemeinsame Mittel verfügen. Die Ansprüche des gemeinsamen Vertreters richten sich demzufolge direkt gegen den Schuldner. Der Schuldner hat die Kosten für einen gemeinsamen Vertreter zu tragen." Eine systematische Auslegung der genannten Vorschrift bestätigt diesen Befund.
Ein Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters gegen die einzelnen Anleihegläubiger oder deren Gesamtheit bedürfte nicht nur einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, sondern auch einer besonderen sachlichen Begründung, weil er dem Grundverständnis von Kapitalanlagen widerspräche. Der einzelne Gläubiger würde mit seinem ganzen Vermögen für die Erfüllung des Vergütungsanspruchs haften. Gläubiger von Schuldverschreibungen haben als Fremdkapitalgeber grundsätzlich jedoch nur das Risiko des Kapitalverlusts zu tragen. Darüber hinaus übernehmen sie keine finanziellen Verpflichtungen. Ein möglicher Weg wäre eine Regelung des Inhalts gewesen, dass Aufwendungen, Kosten und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters vom Rückzahlungs- oder Zinsanspruch der Anleihegläubiger abgezogen werden. Ein entsprechender Vorschlag des Deutsches Aktieninstitut e.V. wurde vom Gesetzgeber aber nicht aufgegriffen.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 6 SchVG gilt auch dann, wenn der gemeinsame Vertreter erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners bestellt wird. Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG unterliegen die Beschlüsse der Gläubiger in diesem Fall den Bestimmungen der Insolvenzordnung, wenn in den folgenden Absätzen des § 19 SchVG nichts anderes bestimmt ist. Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters ist in § 19 SchVG nicht besonders geregelt. Die InsO sagt dazu ebenfalls nichts. Damit bleibt es bei der Regelung des § 7 Abs. 6 SchVG. Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters richtet sich ausschließlich gegen den Schuldner.
BGH online
Der Beklagte ist Gläubiger inhaltsgleicher Anleihen, welche die zwischenzeitlich insolvente Z. GmbH & Co. KG (Schuldnerin) im Rahmen einer Gesamtemission begeben hat. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde die Klägerin mit Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger vom 4.7.2011 zu deren gemeinsamen Vertreter bestellt. Sie meldete die Ansprüche der Anleihegläubiger, auch den Anspruch des Beklagten, zur Insolvenztabelle an.
Der Beklagte hatte nicht an der Gläubigerversammlung teilgenommen, in welcher der Beschluss zur Bestellung des gemeinsamen Vertreters gefasst worden war. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin eine nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechnete Vergütung, deren Höhe sich nach dem Nennwert der Forderung des Beklagten von 13.000 € bemesse.
AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch gegen den Beklagten zu.
Als Grundlage eines Anspruchs der Klägerin gegen den Beklagten kommt in erster Linie ein durch den Mehrheitsbeschluss der Gläubigerversammlung und das Einverständnis der Klägerin begründetes Schuldverhältnis in Betracht. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG können die Gläubiger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin durch Mehrheitsbeschluss zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Insolvenzverfahren einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen. Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters ist im Schuldverschreibungsgesetz gesondert geregelt. Gem. § 7 Abs. 6 SchVG trägt der Schuldner die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger entstehenden Kosten und Aufwendungen einschließlich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist klar und eindeutig, soweit sie den Anspruchsgegner benennt.
Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die Vergütung des gemeinsamen Vertreters nicht den Gläubigern, sondern der Schuldnerin aufzuerlegen. Hier heißt es nämlich: "Die Gläubiger sollen nicht mit Kosten belastet werden, da sie nicht über gemeinsame Mittel verfügen. Die Ansprüche des gemeinsamen Vertreters richten sich demzufolge direkt gegen den Schuldner. Der Schuldner hat die Kosten für einen gemeinsamen Vertreter zu tragen." Eine systematische Auslegung der genannten Vorschrift bestätigt diesen Befund.
Ein Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters gegen die einzelnen Anleihegläubiger oder deren Gesamtheit bedürfte nicht nur einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, sondern auch einer besonderen sachlichen Begründung, weil er dem Grundverständnis von Kapitalanlagen widerspräche. Der einzelne Gläubiger würde mit seinem ganzen Vermögen für die Erfüllung des Vergütungsanspruchs haften. Gläubiger von Schuldverschreibungen haben als Fremdkapitalgeber grundsätzlich jedoch nur das Risiko des Kapitalverlusts zu tragen. Darüber hinaus übernehmen sie keine finanziellen Verpflichtungen. Ein möglicher Weg wäre eine Regelung des Inhalts gewesen, dass Aufwendungen, Kosten und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters vom Rückzahlungs- oder Zinsanspruch der Anleihegläubiger abgezogen werden. Ein entsprechender Vorschlag des Deutsches Aktieninstitut e.V. wurde vom Gesetzgeber aber nicht aufgegriffen.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 6 SchVG gilt auch dann, wenn der gemeinsame Vertreter erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners bestellt wird. Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG unterliegen die Beschlüsse der Gläubiger in diesem Fall den Bestimmungen der Insolvenzordnung, wenn in den folgenden Absätzen des § 19 SchVG nichts anderes bestimmt ist. Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters ist in § 19 SchVG nicht besonders geregelt. Die InsO sagt dazu ebenfalls nichts. Damit bleibt es bei der Regelung des § 7 Abs. 6 SchVG. Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters richtet sich ausschließlich gegen den Schuldner.