Zum Vorliegen einer erlaubnispflichtigen Anlagevermittlung i.S.d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG
BGH 5.12.2013, III ZR 73/12Die Klägerin nimmt die Beklagten, ein mit Vermögensanlagen befasstes Unternehmen (Beklagte zu 1) ) und deren Geschäftsführer (Beklagter zu 2) ), aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns wegen ihrer Auffassung nach unbefugter und fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Zedent unterhielt im Mai 2006 ein von der D. B. verwaltetes Depot. Der Beklagte zu 2), der für die Beklagte zu 1) handelte, riet ihm, seine bisherigen Anlagen aufzulösen und anderweitig zu investieren. Zu diesem Zweck wurde für den Zedenten ein Depot bei einem anderen Geldinstitut eröffnet. Zwischen August 2006 und April 2007 erteilte er auf Empfehlung des Beklagten zu 2) Kaufaufträge über Anteile an verschiedenen Fonds. Im Mai 2008 verkaufte der Ehemann der Klägerin auf Anraten des Beklagten zu 2) sämtliche Fondsanteile und investierte den Erlös in den Dachfonds "I. F. M. ", als dessen Verwaltungsratsvorsitzender der Beklagte zu 2) tätig war, der zugleich Alleingesellschafter und Vorstand der Initiatorin und Beraterin dieses Fonds war.
Nach einem dramatischen Wertverfall des "I. F. M. " empfahl der Beklagte zu 2) dem Zedenten im Oktober 2008, einen Großteil der Fondsanteile wieder zu veräußern. Daraufhin verkaufte dieser 60 % seiner Anteile und investierte den Erlös in die Fonds K. US-G. F. , S. I. , g. -g. und H. -US A. R. F. EUR. Ende 2008 betrug der Wert der verbliebenen Fondsanteile - bei einer Gesamtinvestition von rd. 111.000 € - nur noch rd. 44.000 €. Aus dem Verkauf der bei ihm verbliebenen Anteile an dem "I. F. M. " erzielte er im Juli 2009 nur noch rd. 14.000 €.
Die Klägerin macht geltend, die Beklagten hätten die Anlageberatung nicht vornehmen dürfen, weil diese nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig gewesen sei, die Beklagte zu 1) jedoch, wie unstreitig ist, über eine Erlaubnis der zuständigen Behörde nicht verfügt habe. Überdies sei die Beratung fehlerhaft gewesen. Sie verlangt von den Beklagten Schadensersatz i.H.d. investierten 111.000 € zzgl. entgangener Zinsen abzüglich der verbliebenen 14.000 € Zug um Zug gegen Abtretung der vorgenannten, von dem Zedenten weiterhin gehaltenen Fondsanteile.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des OLG ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen beide Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 KWG (für die Beklagte zu 1) i.V.m. § 31 BGB) nach den bisherigen Stand der Feststellungen nicht auszuschließen.
Anlagevermittlung nach dem KWG ist jede final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtete Tätigkeit. So liegt eine erlaubnispflichtige Anlagevermittlung schon dann vor, wenn der Vermittler den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und abzusenden hat oder wenn der Vermittler nach einer Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege weiterleitet. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Beklagten solche Tätigkeiten entfaltet haben.
Die Beklagten berufen sich hinsichtlich der hiernach grundsätzlich bestehenden Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG auf § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG. Diese Bestimmung stellt eine Abweichung zu § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1a KWG dar, für deren Voraussetzungen entgegen der Ansicht des OLG nicht die Klägerin sondern die Beklagten zumindest sekundär darlegungsbelastet sind. Im Ausgangspunkt richtig ist, dass der Geschädigte die Voraussetzungen für die Verletzung eines Schutzgesetzes darzulegen und zu beweisen hat. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und ggf. beweisen muss, aus denen sich sein Anspruch herleitet.
Allerdings trägt derjenige, der sich gegenüber dem an sich verwirklichten Tatbestand des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG darauf beruft, dass sich seine Geschäftstätigkeit lediglich auf solche (ausländischen) Anteile bezieht, die nach dem InvG öffentlich vertrieben werden dürfen, und deshalb nach § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG nicht erlaubnispflichtig ist, zumindest die sekundäre Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen; denn er kennt die insoweit maßgeblichen Tatsachen und Umstände bzw. muss sie kennen, deren nähere Darlegung ihm ohne Weiteres zumutbar ist. Im Übrigen ist anzumerken, dass das OLG selbst von seinem jedenfalls zur Verteilung der Darlegungslast unzutreffenden Standpunkt für die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG die Klägerin nicht als beweisfällig hätte ansehen dürfen.
Sie hat unter Vorlage zweier von der BaFin herausgegebener Listen, in der die ausländischen Investmentanteile, die in Deutschland ohne Erlaubnis vertrieben werden dürfen, aufgeführt sind, schriftlich vorgetragen, zumindest der vom Zedenten auf Empfehlung des Beklagten zu 2) erworbene Fonds "I. F. M. " habe nicht unter die nach § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG erlaubnisfrei zu vertreibenden Anlagen gehört, so dass die Beklagten gegen § 32 Abs. 1 KWG verstoßen hätten. Die Klägerin hat hierzu weiteren Beweis angetreten, indem sie die Einholung einer Auskunft der Bundesanstalt beantragt hat. Dies hat das OLG übergangen.
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