18.02.2015

Zum Wert der Klage des Gesellschafters einer Komplementär-GmbH gegen einen Ausschließungsbeschluss der Gesellschaft

In Fällen, in denen ein mit der Geschäftsführung beauftragter, am Gesellschaftsvermögen aber nicht beteiligter Gesellschafter einer Personen- oder Personenhandelsgesellschaft (hier: eine Komplementär-GmbH) aus dieser ausgeschlossen wird, richtet sich das der Bewertung nach §§ 3 ff. ZPO zugrunde zu legende wirtschaftliche Interesse dieses Gesellschafters an der Nichtigerklärung des Ausschließungsbeschlusses der Gesellschaft nach dem Wert der ihm nach den vertraglichen Vereinbarungen zustehenden Vergütungen (hier: Geschäftsführungs- und Haftungsvergütung). Diese verliert er mit dem Entzug der Gesellschafterstellung.

BGH 4.11.2014, II ZB 15/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte weder eine Einlage in die beklagte GmbH & Co. KG geleistet noch war sie am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Sie wurde als persönlich haftende Gesellschafterin durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten im Oktober 2011 aus wichtigem Grund ausgeschlossen. Außerdem wurde beschlossen, den zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsführungsvertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Die Klägerin war jedoch der Ansicht, der Beschluss sei unwirksam.

Das LG wies die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses ab. Den Streitwert setzte es auf 10.000 € fest. Das OLG setzte den Streitwert für das Berufungsverfahren vorläufig auf 100 € fest. Es war der Ansicht, dass für den Streitwert der Wert des Gesellschaftsanteils der Klägerin maßgeblich sei. Da die Klägerin keine Einlage erbringen müsse, sei ein substantieller materieller Wert ihres Gesellschaftsanteils nicht erkennbar. Das Gericht verwarf die Berufung als unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige.

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin hob der BGH den Beschluss wieder auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Das OLG war zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beteiligung der Klägerin an der Beklagten deshalb kein den Betrag von 600 € übersteigender Wert zukommt, weil sie keine Einlage zu erbringen hatte und nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt war. Mit der Gesellschafterstellung ist es ohne weiteres vereinbar, dass ein Gesellschafter keine Einlage erbringt, am Gewinn und Verlust sowie am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt ist, sich sein Beitrag vielmehr auf die Geschäftsführung und seine Beteiligung am Geschäftsergebnis auf einen bestimmten Betrag beschränkt, wie es hier bei der Beteiligung der Klägerin an der Beklagten der Fall war.

Wird einem solchen mit der Geschäftsführung beauftragten, am Gesellschaftsvermögen aber nicht beteiligten Gesellschafter die Gesellschafter- und Geschäftsführerstellung entzogen, richtet sich das der Bewertung nach §§ 3 ff. ZPO zugrunde zu legende wirtschaftliche Interesse dieses Gesellschafters an der Nichtigerklärung des Ausschließungsbeschlusses der Gesellschaft nach dem Wert seiner Geschäftsführer- und Haftungsvergütung. Diese verliert er mit dem Entzug der Gesellschafterstellung und in deren Höhe ist er daher durch die Abweisung der Klage gegen den Ausschließungsbeschluss i.S.d. § 511 ZPO beschwert.

Hier standen der Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag als Vergütung 0,3% zzgl. Umsatzsteuer auf die Summe der Kapitalkonten I zum 31.12. eines jeden Geschäftsjahres und (jedenfalls) 12.000 € monatlich zu (§ 7 GV). Die Summe der Kapitalkonten I betrug zum 31.12.2011 über 11,5 Mio. €, was eine Vergütung von rund 34.537 € netto machte. Hinzu kam gem. § 9 ZPO der 3,5-fache Wert eines Jahresgehaltes. Damit überstieg das wirtschaftliche Interesse der Klägerin den Berufungsstreitwert von 600 € um ein Vielfaches. Die Berufung war somit zulässig.

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