12.01.2023

Zum Wettbewerb im Bereich der Euro-Zinsderivate

Der EuGH hat sich vorliegend mit dem Euro-Zinsderivate-Kartell befasst. Er hat die Nichtigerklärung der gegen den HSBC-Konzern verhängten Geldbuße i.H.v. 33,6 Mio. € bestätigt.

EuGH v. 12.1.2022 - C-883/19 P
Der Sachverhalt:
Der HSBC-Konzern ist eine Bankengruppe, die u. a. im Investment-, Corporate- und Wertpapier-Banking tätig ist. HSBC Holdings ist die Muttergesellschaft von HSBC France, die ihrerseits die Muttergesellschaft der HSBC Bank ist. HSBC France und HSBC Bank sind für den Handel mit Euro-Zinsderivaten (Euro Interest Rate Derivatives, EIRD) zuständig. HSBC France ist für Anmeldungen von Zinssätzen beim Panel für den Euro Interbank Offered Rate (Euribor) verantwortlich.

Im Anschluss an Nachprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Finanzinstitute, darunter die Räumlichkeiten von HSBC, leitete die Kommission gegen diese Finanzinstitute (u. a. gegen HSBC) ein Kartellverfahren ein. Mit Beschluss vom 7.12.2016 stellte sie fest, dass Crédit agricole, HSBC und JP Morgan Chase an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, mit der sie den Wettbewerb im EIRD-Sektor eingeschränkt und/oder verfälscht hätten. Für diese Zuwiderhandlung verhängte die Kommission gegen HSBC eine Geldbuße i.H.v. 33,6 Mio. €. Hiergegen wandten sich mehrere Gesellschaften des HSBC-Konzerns mit ihrer Klage.

Das EuG bestätigte weitgehend die Feststellung der Kommission, dass HSBC an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt gewesen sei. Dagegen erklärte es die verhängte Geldbuße wegen unzureichender Begründung für nichtig. Auf die Rechtsmittel der Gesellschaften hob der EuGH das Urteil des EuG auf, soweit die Klage der HSBC Holdings plc abgewiesen wurde. Das angefochtene Urteil blieb hingegen unberührt, soweit die gegen den HSBC-Konzern verhängte Geldbuße für nichtig erklärt wurde.

Die Gründe:
Die Erwägungen des EuG sind in Bezug auf die Unschuldsvermutung in zweierlei Hinsicht rechtsfehlerhaft. Das EuG hat ein falsches Kriterium angewandt, als es ausgeführt hat, dass es Sache der HSBC-Gesellschaften sei, nachzuweisen, dass die Gespräche über die Medianpreise entweder unmittelbar mit dem Funktionieren des EIRD-Marktes verbunden und dafür notwendig gewesen seien oder die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllten. Aufgrund dieses Fehlers hat das Gericht das Vorbringen der HSBC-Gesellschaften, dass die Gespräche über die Medianpreise wettbewerbsfördernde Wirkungen gehabt hätten, nicht geprüft, obwohl sich diese Gesellschaften auf diese Wirkungen berufen hatten, um die Einstufung der Gespräche als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung in Frage zu stellen.

Da der EuGH die Klage in der Rechtssache T-105/17 hinsichtlich der Klagegründe für entscheidungsreif hielt, hat er die vor dem EuG geltend gemachten Klagegründe geprüft, mit denen die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte bzw. als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung beanstandet sowie eine Verletzung der Unschuldsvermutung, des Rechts auf eine gute Verwaltung und der Verteidigungsrechte gerügt wurde. Der EuGH hat die Klage der HSBC-Gesellschaften, soweit damit ihre Beteiligung am fraglichen Kartell bestritten wurde, abgewiesen.

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2. Aufl./Lfg. 10.2022

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EuGH PM Nr. 8 vom 12.1.2023
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