Zur Aufklärungspflicht des Anlageberaters hinsichtlich des Risikos einer wieder auflebenden (begrenzten) Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB
BGH 4.12.2014, III ZR 82/14Die Parteien streiten - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - um Schadensersatz im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an der I. Der Kläger beteiligte sich auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen selbständigen Handelsvertreters H im August 2000 und im April 2003 am I. und an der I. KG (IM.). Die Beteiligung am I. betrug 30.000 DM zzgl. einer Abwicklungsgebühr i.H.v. 1.500 DM und die 2003 getätigte Anlage im IM. 7.500 € zzgl. einer Abwicklungsgebühr i.H.v. 375 €. Der Kläger macht u.a. geltend, dass er nicht über eine wieder auflebende Kommanditistenhaftung nach §§ 171, 172 HGB aufgeklärt worden sei.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Soweit das Berufungsurteil Schadensersatzansprüche des Klägers auch hinsichtlich der Beteiligung am IM. verneint hat, hält es der rechtlichen Nach-prüfung nicht stand. Insoweit kann mit der vom OLG gegebenen Begründung derzeit ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht verneint werden.
In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. In diesem Zusammenhang gehört es nach der Senatsrechtsprechung insbesondere zu den Pflichten eines Anlageberaters, den Anleger über das Risiko der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufzuklären.
Soweit das OLG hier eine Pflicht zur Aufklärung verneint, weil die Haftung des Anlegers - entweder unmittelbar als Kommanditist oder mittelbar als Treugeber, der dem Rückgriff des Treuhandkommanditisten ausgesetzt ist - nach § 172 Abs. 4 HGB auf 10 Prozent des eingetragenen Haftkapitals begrenzt sei, hält dies einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Aufklärungspflicht des Anlageberaters im Hinblick auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB ist darin begründet, dass die an den Anleger erfolgte Auszahlung durch den Fonds nicht sicher ist, sondern ggf. zurückbezahlt werden muss. Dieses Risiko unterscheidet sich auch von demjenigen des allgemeinen Verlustrisikos, über das daneben aufzuklären ist.
Die wieder auflebende Kommanditistenhaftung hat erhebliche Auswirkungen auf die prognostizierte Rendite, die nachträglich wieder entfallen oder verringert werden kann. Diese Renditeerwartung des Anlegers ist regelmäßig wesentlicher Maßstab für die Beurteilung der Anlage. Deshalb kann dem Risiko der wieder auflebenden Kommanditistenhaftung eine Bedeutung für die Anlageentscheidung nicht abgesprochen werden, auch wenn es auf 10 Prozent des Anlagebetrags begrenzt ist. Es ist deshalb aufklärungspflichtig im Rahmen eines Anlageberatungsgesprächs, da es dem Anleger überlassen werden muss, welche Bedeutung er diesem Risiko bei seiner Anlageentscheidung geben will.
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