Zur Aufnahme des zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Revisionsinstanz anhängigen Rechtsstreits
BGH 21.5.2015, III ZR 384/12Der Kläger macht Ansprüche auf Ersatz des Schadens geltend, der ihm durch seine Beteiligung an der C-KG entstanden ist. Die Beklagte zu 1), eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ist Treuhandkommanditistin der Kommanditgesellschaft, die auch mit den Aufgaben der Mittelverwendungskontrolle betraut war. Der frühere Beklagte zu 2) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Komplementärin der Kommanditgesellschaft ist die Beklagte zu 3), deren Gesellschafter die früheren Beklagten zu 4) und 5) waren. Die (an Stelle der Beklagten zu 1) in den Rechtsstreit eingetretene) Revisionsklägerin ist der Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1).
Der Kläger erwarb am 9.12.1999 durch Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" eine Kommanditeinlage i.H.v. 100.000 DM zzgl. 5 Prozent Agio (insgesamt rd. 53.700 €) an der C-KG. Er erhielt Ausschüttungen von rd. 13.400 €. Der Beitritt sollte - dem von der Beklagten zu 3) herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1) nach einem im Prospekt abgedruckten Vertragsmuster eines Treuhandvertrags vorgenommen werden. Der Kläger ist der Ansicht, der Prospekt sei in zahlreichen Punkten fehlerhaft, wofür u.a. die Beklagte zu 1) einzustehen habe.
Das LG gab der auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen der eingezahlten Gesamtsumme und den erhaltenen Ausschüttungen (rd. 40.000 €) gerichteten Klage statt, verurteilte die Beklagte zu 1) zur Zahlung des Betrags Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger gehaltenen Anteile an der C-KG und stellte fest, dass sich die Beklagte zu 1) bzgl. der Übertragung dieses Anteils in Annahmeverzug befindet. Hinsichtlich der weiteren Beklagten wies es die Klage ab. Nachdem am 30.3.2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 3) eröffnet worden war, wies das OLG mit Teilurteil die Berufung des Klägers gegenüber den Beklagten zu 2), 4) und 5), die Berufung der Beklagten zu 1) und die Anschlussberufung des Klägers zurück. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Kläger als auch die Beklagte zu 1) Revision ein.
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Revisionsverfahren wurde gem. § 240 S. 2 ZPO dadurch unterbrochen, dass das AG - Insolvenzgericht - der Beklagten zu 1) ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegte. Am 10.12.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1) eröffnet. Die Revisionsklägerin widersprach im Insolvenzverfahren als Gläubigerin der Beklagten zu 1) den vom Kläger zur Tabelle angemeldeten streitgegenständlichen Forderungen. Der Kläger nahm das unterbrochene Verfahren gegen die Revisionsklägerin als widersprechende Gläubigerin gem. § 180 Abs. 2 InsO i.H.v. rd. 47.000. € auf.
Die Revisionsklägerin nimmt den Rechtsstandpunkt des OLG überwiegend hin, vertritt jedoch die Auffassung, die Forderungsanmeldung des Klägers im Insolvenzverfahren sei unwirksam, weshalb der Widerspruch der Revisionsklägerin gegen die Anmeldung begründet sei. Zugleich sei der vorliegende Rechtsstreit weiterhin unterbrochen, da eine Aufnahme des Rechtsstreits nach § 180 Abs. 2 InsO eine wirksame Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren voraussetze. Im Übrigen seien Forderungsteile Gegenstand des Feststellungsbegehrens des Klägers, die bislang nicht streitgegenständlich gewesen seien.
Der BGH hob das Teilurteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision in der Sache stand. Die in Anpassung an die Vorschriften der InsO umgestellten Anträge des Klägers führen jedoch zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Das Verfahren ist durch die Erklärung des Klägers vom 28.10.2013 wirksam aufgenommen worden. Die Aufnahme des Rechtsstreits nach § 180 Abs. 2 InsO durch den Gläubiger der Forderung ist auch möglich, wenn der Rechtsstreit zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Revisionsinstanz anhängig war. Der Umstand, dass das Revisionsgericht in Konstellationen der vorliegenden Art in der Sache nicht abschließend entscheiden kann, sondern das Berufungsurteil aufheben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverweisen muss, führt zu keiner anderen Sichtweise. Es handelt sich um einen für das Revisionsverfahren typischen Verfahrensausgang (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO), der zu einer Überprüfung der Anwendung des § 180 Abs. 2 InsO im Revisionsverfahren keine Veranlassung gibt.
Die Aufnahme des Verfahrens ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die streitgegenständlichen Forderungen vom Kläger nicht wirksam zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind. Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen gegen den Schuldner nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO); dies geschieht durch Anmeldung der Forderungen zur Tabelle. Zug-um-Zug-Forderungen können indes nicht zur Tabelle angemeldet werden, da sie sich nicht für die Berechnung der Quote eignen und die InsO in dem Feststellungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 174 ff InsO keine den §§ 756, 765 ZPO entsprechende Regelung kennt. Sie sind nicht "anmeldungsfähig".
Auf dieser Grundlage ist danach zu differenzieren, ob der Gläubiger die ihm zustehende bzw. bereits zugesprochene (§ 179 Abs. 2 InsO) Zug um Zug-Forderung als solche oder nur mit dem zuerkannten Schadensersatzbetrag ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung angemeldet hat. Im ersten Fall ist die Wirksamkeit der - so nicht möglichen - Anmeldung zweifelhaft. Im zweiten Fall mag - abhängig vom Wert der Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung - der angemeldete Betrag zu hoch angesetzt sein. Die Anmeldung selbst ist in diesem Fall jedoch wirksam, da sie den Anforderungen der InsO (Eignung zur Berechnung der Quote) entspricht. Vorliegend hat der Kläger die ihm von den Vorinstanzen zuerkannte Forderung nicht als Zug-um-Zug-Forderung angemeldet. Der Forderungsanmeldung vom 28.2.2011 ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen.
Dementsprechend ist in der Insolvenztabelle auch keine Zug-um-Zug-Einschränkung der angemeldeten Forderung, sondern nur der zugesprochene Schadensersatzbetrag ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung eingetragen worden. Der Insolvenzverwalter, dem im Hinblick auf die Wirksamkeit der Anmeldung eine Vorprüfungspflicht und ein Zurückweisungsrecht zukommt, hat offenbar keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Anmeldung gehabt, sie als uneingeschränkte Anmeldung verstanden und die Forderung - ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung - eingetragen.
Die Sache war nach alldem an das OLG zurückzuverweisen, weil hinsichtlich der vom Kläger - in verfahrensrechtlicher Anpassung an die insoweit maßgebenden Vorschriften der InsO - umgestellten Anträge auf Feststellung zur Insolvenztabelle weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen sind.
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