Zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit
BGH v. 13.6.2023 - X ZR 51/21
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 982 978 (Streitpatents), das im Juni 1999 unter Inanspruchnahme von zwei deutschen Prioritäten von August 1998 und April 1999 angemeldet wurde und mittlerweile durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent betrifft ein Schlossgehäuse mit elektrischen Anschlusseinrichtungen.
Patentanspruch 1, auf den fünfzehn weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
"Gehäuse, insbesondere Schlossgehäuse für einen Kraftfahrzeugtürverschluss, Getriebegehäuse oder dergleichen Leitungsträger, aus Kunststoff, insbesondere Spritzguss-Kunststoff, mit einem oder mehreren elektrischen Bauteilen, denen elektrische Leitungen mit Anschlusseinrichtungen zugeordnet sind, wobei die elektrischen Leitungen mit dem Gehäuse fest verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die an die elektrischen Leitungen (7) anzuschließenden Bauteile (6) einen oder mehrere federnde Anschlussleiter (9) zur Kontaktierung mit den Anschlusseinrichtungen (8) der elektrischen Leitungen (7) aufweisen."
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommen wird, strebt die Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang der Ansprüche 1 bis 6 an. Sie machte geltend, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig. Die Beklagte verteidigte das Streitpatent mit einem Hauptantrag und acht Hilfsanträgen in geänderten Fassungen.
Das BPatG erklärte das Streitpatent für nichtig, soweit dessen Inhalt über die mit Hilfsantrag VIII verteidigte Fassung hinausgeht, und wies die Klage im Übrigen ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Zu Recht hat das BPatG die Erfindung in der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag VIII verteidigten Fassung als ausreichend offenbart angesehen. Ebenfalls zu Recht hat es entschieden, dass NKL2 den verteidigten Gegenstand nicht vollständig offenbart. Es ist zudem zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der verteidigte Gegenstand ausgehend von NKL2 auch nicht durch eine Kombination mit NKL17, NKL5 oder NKL6 nahegelegt war.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt sich eine Abwandlung ausgehend von NK17 nicht als technisch beliebige und schon aus diesem Grund als naheliegend anzusehende Ausgestaltung dar. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine erfinderische Tätigkeit nicht auf ein Merkmal gestützt werden, das eine beliebige, von einem bestimmten technischen Zweck losgelöste Auswahl aus mehreren Möglichkeiten darstellt. Die in Merkmal l'' vorgesehene Festlegung auf eine Omega-Form stellt keine beliebige Auswahl in diesem Sinne dar.
Art und Maß der Klemmkraft werden zwar nicht allein durch die Form der Ausnehmung bestimmt, sondern zusätzlich durch eine Vielzahl anderer Parameter wie etwa die Art und die Stärke des Materials. Wie auch die Klägerin nicht in Zweifel gezogen hat, gehört die Form jedoch zu denjenigen Parametern, denen insoweit Bedeutung zukommt. Die für ein Omega typischen Rundungen führen zu einer besonderen Art der Kraftverteilung, die bei anderen Formen nicht in gleicher Weise auftritt. Vor diesem Hintergrund kann die Auswahl dieser Form nicht als beliebig angesehen werden.
Mit einem Merkmal verbundene besondere Vorteile können nur dann zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden, wenn sie in der Patentschrift offenbart oder für den Fachmann erkennbar sind. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die aufgezeigten Zusammenhänge zwischen der Form der Ausnehmung und der Art der Federwirkung werden in der Beschreibung des Streitpatents zwar nicht ausdrücklich dargestellt. Sie gehören aber zum allgemeinen Fachwissen und sind deshalb erkennbar.
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Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 982 978 (Streitpatents), das im Juni 1999 unter Inanspruchnahme von zwei deutschen Prioritäten von August 1998 und April 1999 angemeldet wurde und mittlerweile durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent betrifft ein Schlossgehäuse mit elektrischen Anschlusseinrichtungen.
Patentanspruch 1, auf den fünfzehn weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
"Gehäuse, insbesondere Schlossgehäuse für einen Kraftfahrzeugtürverschluss, Getriebegehäuse oder dergleichen Leitungsträger, aus Kunststoff, insbesondere Spritzguss-Kunststoff, mit einem oder mehreren elektrischen Bauteilen, denen elektrische Leitungen mit Anschlusseinrichtungen zugeordnet sind, wobei die elektrischen Leitungen mit dem Gehäuse fest verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die an die elektrischen Leitungen (7) anzuschließenden Bauteile (6) einen oder mehrere federnde Anschlussleiter (9) zur Kontaktierung mit den Anschlusseinrichtungen (8) der elektrischen Leitungen (7) aufweisen."
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommen wird, strebt die Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang der Ansprüche 1 bis 6 an. Sie machte geltend, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig. Die Beklagte verteidigte das Streitpatent mit einem Hauptantrag und acht Hilfsanträgen in geänderten Fassungen.
Das BPatG erklärte das Streitpatent für nichtig, soweit dessen Inhalt über die mit Hilfsantrag VIII verteidigte Fassung hinausgeht, und wies die Klage im Übrigen ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
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Zu Recht hat das BPatG die Erfindung in der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag VIII verteidigten Fassung als ausreichend offenbart angesehen. Ebenfalls zu Recht hat es entschieden, dass NKL2 den verteidigten Gegenstand nicht vollständig offenbart. Es ist zudem zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der verteidigte Gegenstand ausgehend von NKL2 auch nicht durch eine Kombination mit NKL17, NKL5 oder NKL6 nahegelegt war.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt sich eine Abwandlung ausgehend von NK17 nicht als technisch beliebige und schon aus diesem Grund als naheliegend anzusehende Ausgestaltung dar. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine erfinderische Tätigkeit nicht auf ein Merkmal gestützt werden, das eine beliebige, von einem bestimmten technischen Zweck losgelöste Auswahl aus mehreren Möglichkeiten darstellt. Die in Merkmal l'' vorgesehene Festlegung auf eine Omega-Form stellt keine beliebige Auswahl in diesem Sinne dar.
Art und Maß der Klemmkraft werden zwar nicht allein durch die Form der Ausnehmung bestimmt, sondern zusätzlich durch eine Vielzahl anderer Parameter wie etwa die Art und die Stärke des Materials. Wie auch die Klägerin nicht in Zweifel gezogen hat, gehört die Form jedoch zu denjenigen Parametern, denen insoweit Bedeutung zukommt. Die für ein Omega typischen Rundungen führen zu einer besonderen Art der Kraftverteilung, die bei anderen Formen nicht in gleicher Weise auftritt. Vor diesem Hintergrund kann die Auswahl dieser Form nicht als beliebig angesehen werden.
Mit einem Merkmal verbundene besondere Vorteile können nur dann zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden, wenn sie in der Patentschrift offenbart oder für den Fachmann erkennbar sind. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die aufgezeigten Zusammenhänge zwischen der Form der Ausnehmung und der Art der Federwirkung werden in der Beschreibung des Streitpatents zwar nicht ausdrücklich dargestellt. Sie gehören aber zum allgemeinen Fachwissen und sind deshalb erkennbar.
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