10.01.2024

Zur Berechnung des dem Rechtsinhaber durch die Verletzung eines Patents entstandenen Schadens

Für die Berechnung des dem Rechtsinhaber durch die Verletzung eines Patents entstandenen Schadens auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Gewinns sind grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen. Hierzu gehören Gewinne aus Zusatzgeschäften, die zwar keine Benutzungshandlung i.S.v. § 9 oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist.

BGH v. 14.11.2023 - X ZR 30/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des am 21.7.1995 angemeldeten europäischen Patents 776 760 (Klagepatents) in Anspruch, das eine Polsterumarbeitungsmaschine betrifft. Die Beklagte stellt solche Maschinen her und vertreibt diese unter Mitwirkung weiterer Unternehmen auch im Wege des Leasings. Daneben vertreibt die Beklagte Papier zur Verwendung in diesen Maschinen. Die Klägerin macht geltend, vier von der Beklagten vertriebene Maschinentypen machten von der Lehre des Klagepatents unmittelbar Gebrauch.

LG und OLG gaben der Klage hinsichtlich zwei der vier angegriffenen Ausführungsformen statt, verurteilten die Beklagte insoweit zur Auskunft und Rechnungslegung auch bzgl. der Lieferung von Verbrauchsmaterialien zur Verwendung in den angegriffenen Vorrichtungen sowie bzgl. geschlossener Leasingverträge über solche Vorrichtungen und stellten fest, dass der Auskunftsanspruch hinsichtlich Wartungsverträgen über solche Vorrichtungen erledigt ist. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns auch auf Gewinne beziehen kann, die der Verletzer durch die Lieferung von Verbrauchsmaterialien und durch den Abschluss von Leasing - und Wartungsverträgen für patentgemäße Vorrichtungen erzielt hat.

Für die Berechnung des dem Rechtsinhaber durch die Verletzung eines Patents entstandenen Schadens auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Gewinns sind grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen. Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist auch auf Gewinne gerichtet, die durch den Abschluss von Leasingverträgen über patentgemäße Vorrichtungen erzielt worden sind. Durch den Vertrieb patentgemäßer Vorrichtungen im Wege des Leasings werden diese i.S.v. § 9 Nr. 1 PatG angeboten und in den Verkehr gebracht. Der Patentinhaber hat daher einen Anspruch auf Auskunft über den Abschluss solcher Verträge und auf Rechnungslegung über die daraus erzielten Einnahmen und Gewinne. Ebenfalls umfasst sind Gewinne aus Zusatzgeschäften, die zwar keine Benutzungshandlung i.S.v. § 9 oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist.

Ebenfalls zu Recht hat das OLG angenommen, dass vom Anspruch der Klägerin auch Gewinne erfasst sein können, die erst nach Ablauf des Patentschutzes angefallen sind, und zwar auch dann, wenn die zu Grunde liegenden Verträge erst nach Erlöschen des Patents geschlossen worden sind. Denn bei der Berechnung des Schadens, der durch Benutzungshandlungen während der Laufzeit des Patents entstanden ist, sind auch Vorgänge zu berücksichtigen, die erst nach dem Erlöschen des Patents zu einem (zusätzlichen) Schaden geführt haben. Ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist in Bezug auf Zusatzgeschäfte schon dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass die damit erzielten Umsätze und Gewinne für die Höhe des Schadensersatzanspruchs von Bedeutung sind.

Diese Grundsätze gelten auch für Schadensersatzansprüche des Rechtsinhabers, die wegen Verjährung nur noch in dem in § 141 Satz 2 PatG und § 852 Satz 1 BGB normierten Umfang geltend gemacht werden können. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist auch ein vom Verpflichteten erzielter Gewinn als durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten erlangt i.S.v. § 852 Satz 1 BGB anzusehen. Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist mithin auch für Zeiträume, in denen der Schadensersatz den Beschränkungen nach dieser Vorschrift unterliegt, auf Angaben zum erzielten Gewinn gerichtet. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob und in welchem Umfang der Rechtsinhaber trotz der Verjährung noch Ansprüche auf Vernichtung, Umbau, Entfernung aus den Vertriebswegen und Rückruf geltend machen kann. Vor diesem Hintergrund hat das OLG im Streitfall einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft und Rechnungslegung in dem bereits vom Landgericht zugesprochenen Umfang rechtsfehlerfrei bejaht.

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