Zur Bestimmung des Beginns eines gewerblichen Mietvertrages
BGH 24.7.2013, XII ZR 104/12Der Beklagte hatte im Dezember 2006 von der Klägerin für einen Zeitraum von zunächst zehn Jahren Geschäftsräume in einem Gewerbeobjekt angemietet, das vor Bezug durch die Mieter umfassend saniert werden sollte. In dem Mietvertrag stand, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle.
Im Februar 2010 erklärte der Beklagte dann die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund, weil die Klägerin entgegen ihrer vertraglichen Zusicherung keinen direkten Zugang von dem angrenzenden Parkplatz eines großen Einkaufmarktes zu den Geschäftsräumen des Beklagten geschaffen habe. Obwohl die Klägerin die Kündigung nicht akzeptierte, räumte der Beklagte am noch im gleichen Monat der Kündigung die Mieträume.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Miete für die Monate Februar bis Dezember 2010. Das LG wies die Klage ab; das OLG verurteilte den Beklagten zur Zahlung der Miete für die Monate Februar bis September 2010. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verurteilte den Beklagten zur Mietzahlung auch für die Monate Oktober bis Dezember 2010.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatte die vom Beklagten im Februar 2010 erklärte Kündigung nicht zur Beendigung des Mietvertrags geführt.
Für die Frage, ob eine Urkunde die Schriftform wahrt oder nicht, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung abzustellen. Spätere tatsächliche Geschehnisse können die Wahrung der Form nicht mehr in Frage stellen. Soweit das Berufungsgericht jedoch meinte, die Form der §§ 578 Abs. 1 u. 2, 550 BGB sei vorliegend nicht gewahrt, weil der Mietbeginn nicht hinreichend bestimmbar vereinbart worden sei, konnte dem nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hatte insofern zu hohe Anforderungen an den Begriff der Bestimmbarkeit gestellt. Fürr die Bestimmbarkeit des Mietbeginns eine abstrakte Beschreibung genügt, die es ermöglicht, den Mietbeginn zu ermitteln (Urt. v. 2.11.2005, XII ZR 212/03 und v. 29.4.2009, XII ZR 142/07).
Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Sachverhalt, an den die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen, so genau bestimmt wird, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibt. Infolgedessen konnte in der Vereinbarung, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle, einen hinreichend bestimmbaren Beginn des Mietverhältnisses gesehen werden. Die Schriftform wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Vereinbarung über den Vertragsbeginn auslegungsbedürftige Begriffe enthält oder die Feststellung, ob die Um-stände, an die die Parteien den Vertragsbeginn geknüpft haben, tatsächlich auch eingetreten sind. Ausreichend ist, dass für einen möglichen Erwerber der Mietsache aus der schriftlich niedergelegten Vereinbarung die für den Vertragsbeginn maßgeblichen Umstände so genau zu entnehmen sind, dass er beim Vermieter oder Mieter entsprechende Nachforschungen anstellen kann.
Selbst wenn die Mietvertragsparteien den Mietbeginn an den Zeitpunkt der Übergabe knüpfen, ergibt sich der Mietbeginn nicht aus der Vertragsurkunde selbst. Haben die Parteien ein Übernahmeprotokoll erstellt, aus dem sich der Zeitpunkt der Übergabe ersehen ließe, verlangt das Schriftformerfordernis nach §§ 578 Abs. 1 u. 2, 550 BGB nicht, dass dieses Protokoll der Mietvertragsurkunde angeheftet wird. In all diesen Fällen ist der Grundstückserwerber durch die aus der Urkunde ersichtlichen Regelungen zum Vertragsbeginn hinreichend gewarnt, so dass es ihm zuzumuten ist, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder bei dem Mieter zu erkundigen. So lag der Fall auch hier.
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