Zur Beurteilung des Gesamteindrucks i.S.v. § 38 Abs. 2 S. 1 DesignG
BGH 28.1.2016, I ZR 40/14Die Klägerin gehört zum Konzern der The Swatch Group AG. Sie ist Inhaberin des internationalen Sammelgeschmacksmusters DM/041591, das mit Zeitrang von Oktober 1997 für Armbanduhren registriert und in Deutschland geschützt ist. Unter Nr. 4 des Sammelgeschmacksmusters ist das Klagemuster zu einer Damenarmbanduhr hinterlegt. Ein Schwesterunternehmen der Klägerin, die cK Watch Co. Ltd., vertreibt unter der Bezeichnung "cK dress" nach dem Klagemuster gestaltete Damenarmbanduhren. Sie hatte die Klägerin ermächtigt, ihre wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegen Nachahmer nach deutschem Recht im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Beklagte betreibt in Deutschland eine Kette von Einzelhandelsfachgeschäften für Uhren und Schmuck. Zu ihrem Sortiment gehört auch eine Damenarmbanduhr. Die Klägerin beanstandete dieses Uhrenmodell der Beklagten in erster Linie als Verletzung ihres Klagemusters, hilfsweise als wettbewerbswidrige Nachahmung der von der cK Watch Co. Ltd. vertriebenen Damenarmbanduhr und ging gerichtlich gegen die Beklagte vor.
LG und OLG gaben der Klage statt. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass das angegriffene Uhrenmodell das Klagemuster verletze. Es übernehme die den Gesamteindruck prägenden Gestaltungsmerkmale des Gehäuses und des Gliederbands identisch oder annähernd. Soweit die Glieder nicht wie beim Klagemuster als Quadrate, sondern als Längsrechtecke ausgeformt seien, bleibe wegen der ebenfalls leiterartigen Struktur die leichte Anmutung des Armbands erhalten. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.
Die Gründe:
Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Vernichtung und Ersatz von Abmahnkosten sind begründet, weil die Beklagte mit dem Vertrieb der angegriffenen Damenarmbanduhr das Klagemuster verletzt.
Auf das nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle vom 6.11.1925 (Haager Abkommen) eingetragene Muster, dessen Schutz sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bezieht, ist gem. § 66 DesignG das Designgesetz entsprechend anzuwenden, da insoweit nichts anderes bestimmt ist. Mit Blick darauf, dass das Geschmacksmustergesetz in der Fassung des Geschmacksmusterreformgesetzes (GeschmMG 2004) im Laufe des Rechtsstreits durch das Geschmacksmustermodernisierungsgesetz geändert (und zugleich in "Designgesetz" umbenannt) worden war, war hinsichtlich der maßgeblichen Anspruchsgrundlagen zwischen den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen zu unterscheiden.
Das Berufungsgericht hatte zu Recht angenommen, der gegen die Beklagte gerichtete Unterlassungsanspruch sei gem. § 38 Abs. 1 S. 1, § 42 Abs. 1 S. 1 GeschmMG begründet, weil die von ihr vertriebene Damenarmbanduhr das der Klägerin zustehende Klagemuster verletze. Insbesondere hatte es die Rechtsgültigkeit des Klagemusters zu Recht bejaht. Auch die Beurteilung, die angegriffene Damenarmbanduhr verletze das Klagemuster, weil sie den gleichen Gesamteindruck wie dieses hervorrufe, war nicht zu beanstanden. Für die Beurteilung des Gesamteindrucks i.S.d. § 38 Abs. 2 S. 1 DesignG kommt es maßgeblich darauf an, wie der informierte Benutzer ein Erzeugnis, in das das Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung wahrnimmt. Darüber hinaus kann zu berücksichtigen sein, welchen Eindruck ein solches Erzeugnis bei seiner Präsentation in der Werbung und im Verkauf beim informierten Benutzer erweckt.
Das Berufungsgericht war letztlich auch zutreffend davon ausgegangen, dass das angegriffene Modell das Klagemuster auch dann verletzt, wenn die beanstandete Damenarmbanduhr vor dem 28.10.2001 vermarktet worden war. Gem. § 72 Abs. 2 S. 2 DesignG können Rechte aus vor dem 28.10.2001 angemeldeten oder eingetragenen Geschmacksmustern bzw. eingetragenen Designs nicht geltend gemacht werden, soweit sie vor diesem Tag begonnene Handlungen betreffen, die der Verletzte nach den Bestimmungen des Geschmacksmustergesetzes in der bis zum 31.5.2004 geltenden Fassung nicht hätte verbieten können. Das OLG hatte angenommen, das angegriffene Modell stelle eine verbotene Nachbildung i.S.v. § 5 GeschmMG a.F. dar, weil es ebenso wie das Klagemuster den Gesamteindruck einerseits eines Kontrasts zwischen dem leicht wirkenden Armband und dem blockartigen Gehäuse sowie andererseits einer harmonischen Einheit von Armband und darin integriertem Gehäuse erwecke und sein Gestalter in Kenntnis der ästhetisch-schöpferischen Elemente des Klagemusters gehandelt habe.
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