28.03.2014

Zur Erfüllung eines Konsignationslagervertrages im Insolvenzverfahren

Der Insolvenzverwalter kann die Erfüllung eines Konsignationslagervertrages wählen, indem er im Eigentum des Vertragspartners stehendes Material aus einem Lager entnehmen und im Betrieb des Schuldners verarbeiten lässt. Können die durch die Entnahmen geschlossenen Einzelverträge nicht vollständig aus der Masse erfüllt werden, haftet er nach Maßgabe des § 61 InsO.

BGH 13.2.2014, IX ZR 313/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S-GmbH mit dieser vereinbart, Kunststoffgranulate bei ihr einzulagern. Die S-GmbH entnahm dann nach Bedarf Kunststoff, stellte daraus Spritzgussteile her und verkaufte diese an die Klägerin. Von der Klägerin beanstandete Ware (Ausschuss) wurde vermahlen und neu verarbeitet. Dieser Geschäftsbeziehung lag ein sog. Konsignationslagervertrag aus Juni 2009 zugrunde. Dieser beinhaltete u.a. einen Eigentumsvorbehalt zugunsten der Klägerin hinsichtlich der bei der S-GmbH eingelagerten Kunststoffgranulate.

Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter berufen und ließ zunächst weiter Spritzgussteile für die Klägerin fertigen. Im Juli 2010 stellte er den Betrieb der S-GmbH dann ein und zeigte Masseunzulänglichkeit an. Daraufhin verlangte die Klägerin die Bezahlung von "Fehlmengen", die nicht verarbeitet wurden, aber auch nicht mehr herausgegeben werden konnten. Sie nahm deshalb den Beklagten als Verwalter sowie persönlich auf Schadensersatz in Anspruch.

LG und OLG verurteilten den Beklagten als Verwalter und persönlich im Wesentlichen antragsgemäß. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf, soweit es den Beklagten persönlich beschwerte, und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Zwar waren die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 61 InsO erfüllt. Der Beklagte hatte insofern als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der S-GmbH Masseverbindlichkeiten in der vom Berufungsgericht festgestellten Höhe begründet. Ob der Konsignationslagervertrag einen gegenseitigen Vertrag i.S.v. § 103 InsO darstellt, bedurfte keiner näheren Prüfung. Der Beklagte wählte schließlich die Erfüllung, indem er in Kenntnis des Vertrages weiterhin das im Eigentumsvorbehalt stehende Material der Klägerin entnehmen und verarbeiten ließ.

Darüber hinaus hatte der Beklagte nicht den Entlastungsbeweis nach § 61 S. 2 InsO geführt. Er hatte weder dargelegt, dass im Zeitpunkt der jeweiligen Entnahme objektiv von einer zur Erfüllung des hierdurch entstehenden Kaufpreisanspruchs ausreichenden Masse auszugehen war, noch, dass für ihn das Fehlen einer ausreichenden Masse nicht erkennbar war. Können schließlich die durch die Entnahmen geschlossenen Einzelverträge nicht vollständig aus der Masse erfüllt werden, haftet der Verwalter nach Maßgabe des § 61 InsO.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte die Klägerin jedoch nicht die Bezahlung der Kaufpreisforderungen verlangen. Denn § 61 InsO gewährt (nur) einen Anspruch auf das negative Interesse. Demnach ist die Klägerin so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Kunststoffgranulate im Lager verblieben wären. Feststellungen zum Wert des entnommenen und bisher nicht bezahlten Granulats, der streitig ist, hatte das Berufungsgericht nicht getroffen. Infolgedessen konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht muss im weiteren Verfahren die fehlenden Feststellungen zur Anspruchshöhe nachholen. Dabei hat es zu berücksichtigen, dass kein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem Beklagten persönlich und der Masse besteht.

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