09.09.2015

Zur Festsetzung der Patentanwaltsvergütung

Die Vergütung des Patentanwalts für die Vertretung einer Partei oder die Mitwirkung bei der Vertretung einer Partei im gerichtlichen Verfahren kann nicht nach § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden. § 11 RVG gilt nicht für alle Berufsgruppen, die an gerichtlichen Verfahren mitwirken; für eine solche umfassende Geltung bieten weder Sinn und Zweck der Vorschrift noch ihre Entstehungsgeschichte einen Anhalt.

BGH 25.8.2015, X ZB 5/14
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller wirkte für die Antragsgegnerin als Patentanwalt an einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit, in dem die Antragsgegnerin wegen Verletzung eines europäischen Patents auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde. Die Parteien des Verfügungsverfahrens schlossen einen Vergleich, in dem die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben wurden. Der Antragsteller stellte einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung für seine Mitwirkung nach § 11 RVG.

Das LG wies den Antrag zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers blieb vor dem OLG ebenso ohne Erfolg wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Das OLG hat zutreffend entschieden, dass die Vergütung des Antragstellers für seine Mitwirkung am gerichtlichen Verfahren als Patentanwalt nicht nach § 11 RVG festgesetzt werden kann.

Ob ein Patentanwalt nach § 11 RVG die Festsetzung seiner Vergütung gegen seinen Auftraggeber verlangen kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer Auffassung ist das in § 11 RVG vorgesehene Festsetzungsverfahren auch für den Patentanwalt eröffnet. Nach der überwiegenden Auffassung, der sich das OLG angeschlossen hat, kann die Vergütung des Patentanwalts hingegen nicht nach § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden. Der Senat tritt der letztgenannten Auffassung bei. § 11 Abs. 1 S. 1 RVG ist auf Patentanwälte nicht anwendbar.

Antragsberechtigt nach § 11 RVG ist nach dem Wortlaut der Norm ein Rechtsanwalt. Der Begriff Rechtsanwalt kann auch nicht in einem weit verstandenen Wortsinn als allgemein auf den Parteivertreter im gerichtlichen Verfahren bezogen verstanden werden. § 11 RVG gilt nicht für alle Berufsgruppen, die an gerichtlichen Verfahren mitwirken. Für eine solche umfassende Geltung bieten weder Sinn und Zweck der Vorschrift noch ihre Entstehungsgeschichte einen Anhalt. Auch wäre die Anordnung einer analogen Anwendung der Vorschriften des RVG, wie sie das Gesetz für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften für deren Vergütung in gerichtlichen und anderen Verfahren in § 45 StBVV getroffen hat, nicht notwendig gewesen. An einer solchen Verweisungsnorm und damit an einer entsprechenden Entscheidung des Gesetzgebers fehlt es für die Berufsgruppe der Patentanwälte.

Diese Erwägungen gelten für den Patentanwalt nicht in gleichem Maße. Selbst wenn der Patentanwalt unter Heranziehung der Vergütungsvorschriften des RVG abrechnet und eine entsprechende Festsetzung begehrt, trifft er damit nach § 315 Abs. 1, § 316 BGB die ihm überlassene Leistungsbestimmung einseitig nach billigem Ermessen. Die Regelungen des RVG sind daher lediglich ein Kriterium, anhand dessen die Billigkeit der einseitigen Leistungsbestimmung durch den Patentanwalt zu beurteilen ist. Auf die Überprüfung der Vergütungshöhe auf ihre Billigkeit als einen außerhalb des Gebührenrechts liegenden Umstand ist das Festsetzungsverfahren vor dem Rechtspfleger nach § 11 RVG jedoch nicht angelegt. Entsprechend ist auch dem Rechtsanwalt eine Festsetzung einer von der gesetzlichen Vergütung abweichenden vertraglichen Vergütung nach § 11 RVG nach allgemeiner Meinung verwehrt.

Für eine analoge Anwendung des § 11 RVG auf Patentanwälte ist kein Raum. Es fehlt bereits an hinreichenden Anhaltspunkten für eine planwidrige Regelungslücke. § 11 RVG richtet sich nur an Rechtsanwälte. Von der Möglichkeit, wegen der Festsetzung der Vergütung von Patentanwälten auf die Vorschrift zu verweisen, hat der Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht, obwohl dies für andere Berufsgruppen geschehen ist und bei Einführung des RVG durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz die Anwendbarkeit des § 19 BRAGO seit längerem kontrovers diskutiert wurde.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück