Zur Frage der Aufnahme des durch Insolvenzeröffnung unterbrochenen Prozesses
BGH 3.7.2014, IX ZR 261/12Die 39 Kläger sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Sie hatten jeweils die Bauträgerin mit der schlüsselfertigen Erstellung der Wohneinheiten beauftragt. Diese wurde im Dezember 2006 mit anderen Gesellschaften zur I-KG verschmolzen. Die Kläger forderten von der Gesellschaft im Jahr 2009 Erstattung der letzten Kaufpreisraten sowie auf Auskunft über gezogene Nutzungen aus den gezahlten Beträgen und Herausgabe dieser Nutzungen. Zur Begründung trugen sie vor, die letzte Kaufpreisrate sei zu Unrecht angefordert worden, weil die Wohnanlage im Dezember 2005 nicht wirksam abgenommen worden und noch nicht fertiggestellt gewesen sei.
Das LG gab der Klage statt. Während des Verfahrens über die Berufung der beklagten Gesellschaft wurde im Juni 2011 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Kläger nahmen das nach § 240 ZPO unterbrochene Verfahren gegen den Insolvenzverwalter auf und stellten den Antrag auf Erstattung der letzten Kaufpreisraten auf Feststellung der Erstattungsforderungen zur Insolvenztabelle um. Die weiteren Anträge verfolgten sie nicht weiter. Das OLG wies die Berufung zurück. Auf die Revision des beklagten Insolvenzverwalters hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Es fehlte mangels Durchführung des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens an einer rechtswirksamen Aufnahme des nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits durch die Kläger. Infolgedessen durfte das Berufungsgericht keine Sachentscheidung treffen.
Die Aufnahme eines durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochenen Rechtsstreits richtet sich gem. § 240 S. 1 ZPO nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften. Liegt - wie im vorliegenden Fall - für die Forderung bereits ein (vorläufig) vollstreckbarer Schuldtitel vor, obliegt die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits dem Bestreitenden. Bleibt dieser untätig, ist aber auch der Gläubiger zur Aufnahme befugt. Das Erfordernis des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens ist auch nicht abdingbar. Es handelt sich vielmehr um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Fall einer neu erhobenen Feststellungsklage als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits.
Im vorliegenden Fall waren die Forderungen bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geprüft. Nach dem von den Klägern nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten hatte dieser die Aufnahme der Forderungen in die Insolvenztabelle auf der Grundlage der Forderungsanmeldung zunächst abgelehnt, weil die Anmeldung nicht den formalen Anforderungen des § 174 InsO entsprochen habe. Ein Termin zur Prüfung der Forderungen oder eine Prüfung im schriftlichen Verfahren nach § 177 Abs. 1 InsO wurde vom Insolvenzgericht bis zur Berufungsverhandlung nicht angeordnet.
Die Prüfung der Forderungen nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil die angemeldeten Forderungen prüffähig waren und der Insolvenzverwalter durch sein Verhalten im Rechtsstreit zum Ausdruck brachte, die Forderungen bestreiten zu wollen. Der Zweck, den übrigen Insolvenzgläubigern eine Beteiligung zu ermöglichen, kann nur durch eine förmliche Durchführung des Prüfungsverfahrens vor dem Insolvenzgericht erreicht werden.
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