Zur Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen der KG-Gesellschafterversammlung gegenüber Gesellschaft oder Gesellschaftern
BGH 1.3.2011, II ZR 83/09Die Klägerin ist Kommanditistin der I. GmbH & Digitaldruck E. KG (DDE) und der I. GmbH & Data Security E. KG (DSE). Persönlich haftende Gesellschafterin beider Gesellschaften ist die Beklagte zu 2), eine GmbH, deren Gesellschafter die Beklagte zu 1) und die Klägerin sind. Weitere Kommanditistin der DDE und der DSE ist jeweils die Beklagte zu 1), eine GmbH. Deren Alleingesellschafter und -geschäftsführer ist zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 2).
Auf einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung der DDE, der DSE und der Beklagten zu 2) im Dezember 2007 wurde allein mit den Stimmen der Beklagten zu 1) jeweils der Ausschluss der Klägerin aus den KGs und die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der Beklagten zu 2) beschlossen. Mit Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) wurde die Klägerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass weitere Beschlüsse in der DDE, der DSE und der Beklagten zu 2) im Umlaufverfahren ohne Beteiligung der Klägerin gefasst worden seien.
§ 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages von DDE und DSE lautet jeweils: "Ein Gesellschafterbeschluss kann nur innerhalb von zwei Monaten durch Klage angefochten werden." In § 12 Abs. 1 S. 1 heißt es: "Ein Gesellschafter kann aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, aus dem er nach § 140 HGB als Gesellschafter einer oHG ausgeschlossen werden könnte." Eine inhaltsgleiche Regelung enthält § 13 Abs. 2 Buchst. e der Satzung der Beklagten zu 2) bzgl. der Einziehung der Geschäftsanteile. Außerdem heißt es in § 5 Abs. 4 der Satzung, dass ein Gesellschafter nur so lange der Gesellschaft angehören könne, wie er gleichzeitig als Kommanditist an der DDE und DSE beteiligt sei.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beschlüsse über den Ausschluss aus der DDE und der DSE, über die Einziehung des Geschäftsanteils bei der Beklagten zu 2) sowie die im Dezember 2007 gefassten Umlaufbeschlüsse nichtig sind. Das LG gab der Klage statt. Das OLG hob das Urteil auf die Berufung der Beklagten auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück. Auf die Revision der Klägerin, mit der sie eine Entscheidung in der Sache begehrt, hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück. Die Anschlussrevision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG darf die Sache gem. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO nach seinem pflichtgemäßen Ermessen nur zurückverweisen, wenn das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
Der vom OLG angenommene Gehörsverstoß liegt nicht vor. Das LG ist davon ausgegangen, dass die "Anfechtungsklage" bei der Personengesellschaft als Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist. Dafür, dass es das bei Berücksichtigung der Regelung in § 10 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge anders gesehen hätte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Es hat die Regelung nicht übersehen, sondern im Zusammenhang mit der Klagefrist ausführlich erörtert und ist darauf eingegangen, dass die Klage gegen die Mitgesellschafter zu richten ist. Das LG hat auch keinen Vortrag der Beklagten dazu übergangen, dass aufgrund einer Regelung der Gesellschaftsverträge die Gesellschaften richtige Klagegegner seien.
Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht ohne Beweisaufnahme i.S.d. Klägerin entscheidungsreif. Hinsichtlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der DDE und der DSE kommt es darauf an, ob die Mitgesellschafterinnen jeweils die richtigen Klagegegner sind. Das ist durch Auslegung von § 10 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Der Wortlaut von § 10 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrags führt - wie das OLG zutreffend gesehen hat - zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Vereinbarung einer Anfechtungsfrist weist auf die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems auch hinsichtlich der Gesellschaft als Klagegegner hin. Allein die Verwendung des Wortes "Anfechten" oder "Anfechtung" zwingt aber nicht dazu, einen Gesellschaftsvertrag so auszulegen. Ob weitere Regelungen des Gesellschaftsvertrags auf das kapitalgesellschaftsrechtliche Klagesystem verweisen, hat das OLG nicht festgestellt.
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