25.10.2012

Zur Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder bei der Beauftragung eines Beraters

Lässt sich ein Betriebsrat im Rahmen von Interessenausgleichsverhandlung von einem Dritten gem. § 111 Satz 2 BetrVG beraten, so ist der Beratungsvertrag nur insoweit wirksam, als die vereinbarte Beratung zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sowie das versprochene Entgelt marktüblich ist und der Betriebsrat daher einen Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber gem. § 40 Absatz 1 BetrVG hat. Denn nur in diesem Umfang ist der Betriebsrat vermögens- und daher auch rechtsfähig. Wird die Grenze der Erforderlichkeit überschritten, kann der Betriebsratsvorsitzende gegenüber dem Beratungsunternehmen grds. als Vertreter ohne Vertretungsmacht haften.

BGH 25.10.2012, III ZR 266/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine auf die Beratung von Betriebsräten spezialisierte Gesellschaft. Der Beklagte zu 3) ist der Betriebsrat eines an mehreren Standorten tätigen Unternehmens mit mehr als 300 Arbeitnehmern. Im Jahr 2007 plante das Unternehmen verschiedene innerbetriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen, die zum Abbau und zur Verlegung zahlreicher Arbeitsplätze ins Ausland führen sollten. Der Beklagte zu 3) fasste den Beschluss, sich im Verfahren über einen Interessenausgleich von der Klägerin betriebswirtschaftlich beraten zu lassen. Infolgedessen erteilte der Betriebsratsvorsitzende und Beklagte zu 1) der Klägerin einen Beratungsauftrag.

Später nahm die Klägerin sowohl den Beklagten zu 3) als Gremium als auch die Beklagten zu 1) und 2) als Betriebsratsmitglieder auf Zahlung von Honorar i.H.v. rund 86.762 € für Beratungsleistungen in Anspruch, die sie Ende 2007 bis Anfang 2008 für den Beklagten zu 3) erbracht hatte und deren genauer Umfang und Gegenstand zwischen den Parteien streitig war. Diese verweigerten die Bezahlung u.a. mit der Begründung, die Klägerin habe ihre Leistungen unzulänglich dokumentiert und nicht hinreichend detailliert beschrieben; zudem sei ein Teil der Beratungsleistungen nicht erforderlich gewesen.

Das LG wies die die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin verwarf das OLG die gegen den Betriebsrat als Gremium (Beklagten zu 3) gerichtete Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig. Die Klage sei insoweit unnütz und schlechthin sinnlos. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Aufbauend auf der BAG-Rechtsprechung zur Vermögens- und Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Verhältnis zum Arbeitgeber ist eine Vermögens- und - daraus folgend - eine Rechtsfähigkeit des Betriebsrats auch im Verhältnis zu Dritten (hier: dem Beratungsunternehmen) anzunehmen, soweit die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung innerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises des Betriebsrats liegt. Der gegen den Arbeitgeber gerichtete Anspruch des Betriebsrats gem. § 40 Abs. 1 BetrVG auf Befreiung von der gegenüber dem Berater bestehenden Verbindlichkeit setzt notwendig das Bestehen einer eigenen Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber dem Dritten voraus. Ohne wirksame vertragliche Grundlage würde der Dritte auch kaum den Betriebsrat beraten.

Ein Vertrag, den der Betriebsrat zu seiner Unterstützung gem. § 111 Satz 2 BetrVG mit einem Beratungsunternehmen schließt, ist indes nur insoweit wirksam, als die vereinbarte Beratung zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sowie das versprochene Entgelt marktüblich ist und der Betriebsrat daher einen Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG hat. Denn nur in diesem Umfang ist der Betriebsrat vermögens- und daher auch rechtsfähig. Schutzwürdige Interessen des Beraters stehen einer solchen Begrenzung der Vertragswirksamkeit nicht entgegen, da eine weitergehende rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Betriebsrats für den Berater mangels eines über den Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch hinaus gehenden Vermögens des Betriebsrats regelmäßig wertlos ist.

Die Grenzen des dem Betriebsrat bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beratung zustehenden Spielraums sind im Interesse seiner Funktions- und Handlungsfähigkeit nicht zu eng zu ziehen. Soweit sie von dem Betriebsratsvorsitzenden bei der Beauftragung des Beratungsunternehmens dennoch überschritten werden, ist der von ihm für den Betriebsrat geschlossene Vertrag nicht wirksam. Der Betriebsratsvorsitzende kann insoweit gegenüber dem Beratungsunternehmen entsprechend den Grundsätzen des Vertreters ohne Vertretungsmacht nach § 179 BGB haften, es sei denn das Beratungsunternehmen kannte die mangelnde Erforderlichkeit der Beratung oder musste sie kennen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 180 vom 25.10.2012
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