Zur Haftung des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH für einen Einbruchschaden beim Vertragspartner der Gesellschaft
BGH 21.10.2014, II ZR 113/13Die Klägerin hatte mit notariellem Vertrag aus Januar 2004 eine Penthousewohnung von der F-GmbH, einer Bauträgerin, deren Geschäftsführer der Beklagte war gekauft. Im ersten Halbjahr 2004 wurde von einem Subunternehmer der GmbH eine Eingangstür in die Wohnung eingebaut. Im August 2005 brach ein Unbekannter durch diese Tür ein und entwendete Schmuck der Klägerin.
Im April 2007 beantragte der Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der F-GmbH, das im Juli 2007 eröffnet wurde. Ein vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnener Prozess der Klägerin gegen die F-GmbH endete im November 2009 vor dem LG mit einem Vergleich. Danach musste die GmbH für die entwendeten Schmuckgegenstände rund 497.643 € sowie Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 15.491 € zahlen. Die Gesamtforderung i.H.v. 513.134 € wurde zur Insolvenztabelle festgestellt.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin vom Beklagten Zahlung dieses Betrags als Neugläubigerschaden wegen der Verletzung seiner Insolvenzantragspflicht. Die Klägerin behauptete, der Diebstahl sei nur möglich gewesen, weil die Schuldnerin entgegen der vertraglichen Vereinbarung und unter Außerachtlassung ihrer vorvertraglich geäußerten Wünsche eine Tür mit einer zu geringen Sicherheitsstufe eingebaut habe, die erheblich günstiger gewesen sei. Diese Minderleistung sei darauf zurückzuführen, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der Bestellung der Tür bereits zahlungsunfähig gewesen sei.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte nur hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten Erfolg. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Zwar hatte der Beklagte den Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. erfüllt, da die Schuldnerin bei Vertragsschluss insolvenzreif war und der Beklagte als Geschäftsführer es schuldhaft versäumt hatte, einen Insolvenzantrag zu stellen. Allerdings konnte der von der Klägerin geltend gemachte Diebstahlschaden dem Beklagten nicht mit der Begründung zugerechnet werden, bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung wäre es nicht zu dem Geschäft zwischen der Schuldnerin und der Klägerin gekommen, mit der Folge, dass dann keine unzureichend gesicherte Tür eingebaut, der Einbruch verhindert und der Schmuck nicht entwendet worden wäre. Denn der Schutzzweck des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (bzw. § 15a Abs. 1 InsO) erfasste die vorliegende Schadenskonstellation nicht.
Der durch den Diebstahl des Schmucks eingetretene Vermögensnachteil der Klägerin stellte nach dem Zweck des Verbots der Insolvenzverschleppung keinen ersatzfähigen Schaden dar. Hat eine insolvenzreife GmbH die von ihr geschuldete vertragliche Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht und ist dadurch die Schädigung des Vermögens des Vertragspartners der GmbH durch deliktisches Handeln eines Dritten begünstigt worden, besteht darin unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Insolvenzantragspflicht kein die Haftung des Geschäftsführers der GmbH für den eingetretenen Schaden auslösender innerer Zusammenhang zwischen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den Geschäftsführer und dem Vermögensschaden des Vertragspartners der GmbH.
Die Entwendung des Schmucks der Klägerin durch einen Dritten stand somit in keinen inneren Zusammenhang zur Insolvenzreife der Schuldnerin. Die Klägerin begehrte weder einen Ausgleich für ohne Gegenleistung gebliebene Vorleistungen noch machte sie geltend, sie habe infolge des Vertragsschlusses mit einer unerkannt insolvenzreifen GmbH überflüssige Aufwendungen erbracht. Die maßgebliche haftungsauslösende Pflichtverletzung des Beklagten lag nicht im Einbau der Tür mit geringerer Sicherheitsstufe entgegen der vertraglichen Vereinbarung.
Die Klägerin kann aber Ersatz der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten verlangen. Denn der Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbH a.F. (§ 15a Abs. 1 InsO) umfasst den Ersatz solcher Kosten, die dem Neugläubiger wegen der Verfolgung seiner Zahlungsansprüche gegen die insolvenzreife Gesellschaft entstanden sind (Urt. v. 27.4.2009, Az.: II ZR 253/07. Die Insolvenzantragspflicht soll den Vertragspartner einer GmbH davor schützen, dass er sich durch die Prozessführung mit der unerkannt insolvenzreifen Gesellschaft mit Kosten belastet, die er bei der Gesellschaft als Kostenschuldnerin nicht mehr realisieren kann. Hierzu muss das OLG aber noch weitere Feststellungen treffen.
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