28.11.2019

Zur Haftung von Amazon wegen der Beteiligung am Verkauf markenrechtsverletzender Waren

Eine Person lagert nicht für einen Dritten (Verkäufer) markenrechtsverletzende Waren zum Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens, wenn sie vom Rechtsverstoß keine Kenntnis hat und allein der Dritte beabsichtigt, die Ware anzubieten. Ist diese Person im Rahmen des sog. "Versand durch Amazon"-Programms, dem der Verkäufer beigetreten ist, aktiv am Vertrieb dieser Ware beteiligt, kann hingegen davon ausgegangen werden, dass sie die Ware zum Zweck des Anbietens oder des Inverkehrbringens lagert. Die Tatsache, dass die Person keine Kenntnis davon hat, dass der Dritte seine Ware im Rahmen des "Versand durch Amazon"-Programms unter Verletzung der Rechte des Markeninhabers anbietet oder verkauft, befreit diese Person nicht von der Haftung, sofern von ihr vernünftigerweise verlangt werden konnte, dass sie die für die Aufdeckung dieser Verletzung notwendigen Mittel bereitstellt.

EuGH, C-567/18: Schlussanträge des Generalanwalts vom 28.11.2019
Der Sachverhalt:
Die klagende Coty Germany GmbH hält eine Lizenz an der u.a. für Parfüm eingetragenen Unionsmarke "Davidoff". Über einen Testkäufer stellte sie fest, dass von Dritten über die Website amazon.de mit dem Vermerk "Versand durch Amazon" das Parfum Davidoff Hot Water verkauft wird, obwohl das Markenrecht daran nicht erschöpft sei; d.h. die Ware war nicht zuvor mit Zustimmung des Markeninhabers in der EU oder im EWR in den Verkehr gebracht worden. Die Klägerin verklagte daraufhin verschiedene Unternehmen des Amazon-Konzerns vor deutschen Gerichten auf Unterlassung (des Besitzes bzw. des Versands) und Schadensersatz.

Der BGH möchte in diesem Zusammenhang vom EuGH wissen, ob nach der Verordnung 2017/1001 über die Unionsmarke eine Person, die für einen Dritten markenrechtsverletzende Waren lagert, ohne vom Rechtsverstoß Kenntnis zu haben, diese Ware zum Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens besitzt, wenn nicht sie selbst, sondern allein der Dritte beabsichtigt, die Ware anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Die Gründe:
Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona schlägt dem EuGH in seinen Schlussanträgen vor, die Frage des BGH folgenermaßen zu beantworten:

Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke und Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke sind dahin auszulegen, dass
  • eine Person nicht für einen Dritten (Verkäufer) markenrechtsverletzende Waren zum Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens lagert, wenn sie vom Rechtsverstoß keine Kenntnis hat und nicht sie selbst, sondern allein der Dritte beabsichtigt, die Ware anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
  • Ist diese Person im Rahmen eines Programms, das die Eigenschaften des sog. "Versand durch Amazon"-Programms aufweist und dem der Verkäufer beigetreten ist, aktiv am Vertrieb dieser Ware beteiligt, kann hingegen davon ausgegangen werden, dass sie die Ware zum Zweck des Anbietens oder des Inverkehrbringens lagert.
  • Die Tatsache, dass die Person keine Kenntnis davon hat, dass der Dritte seine Ware im Rahmen eines Programms wie dem genannten unter Verletzung der Rechte des Markeninhabers anbietet oder verkauft, befreit diese Person nicht von der Haftung, sofern von ihr vernünftigerweise verlangt werden konnte, dass sie die für die Aufdeckung dieser Verletzung notwendigen Mittel bereitstellt.

Mit der Eintragung einer Unionsmarke erwirbt ihr Inhaber ein ausschließliches Recht an ihr. Der Inhaber dieser Unionsmarke hat grundsätzlich das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann nach 9 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 über die Unionsmarke insbesondere verboten werden, unter dem Zeichen Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen.

EuGH online
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