13.07.2012

Zur Haftung von File-Hosting-Diensten für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer

File-Hosting-Dienste können für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer (hier: durch Zugänglichmachen eines Computerspiels) erst in Anspruch genommen werden, wenn sie auf eine klare gleichartige Rechtsverletzung hingewiesen worden sind. Liegt ein solcher Hinweis vor, muss der Betreiber auch das technisch und wirtschaftlich Zumutbare tun, um zu verhindern, dass das geschützte Werk von anderen Nutzern erneut über die Server des Dienstes Dritten angeboten wird.

BGH 12.7.2012, I ZR 18/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, Atari Europe, vertreibt das erfolgreiche Computerspiel "Alone in the dark". Die Beklagte stellt unter der Internetadresse www.rapidshare.com Speicherplatz im Internet zur Verfügung (File-Hosting-Dienst). Die Nutzer dieses Dienstes können eigene Dateien auf der Internetseite der Beklagten hochladen, die dann auf deren Servern abgespeichert werden. Dem Nutzer wird ein Link übermittelt, mit dem die abgelegte Datei aufgerufen werden kann. Die Beklagte kennt weder den Inhalt der hochgeladenen Dateien, noch hält sie ein Inhaltsverzeichnis der Dateien vor. Gewisse Suchmaschinen (sog. "Link-Sammlungen") gestatten aber, nach bestimmten Dateien auf den Servern der Beklagten zu suchen.

Das Computerspiel "Alone in the dark" wurde auf Servern der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht und konnte heruntergeladen werden. Die Klägerin gab der Beklagten am 19.8.2008 einen entsprechenden Hinweis auf das Spiel, das bei Rapidshare heruntergeladen werden konnte. Die Beklagte löschte daraufhin die konkrete Datei mit dem fraglichen Spiel. Sie prüfte nicht, ob das Spiel "Alone in the Dark" von anderen Nutzern ebenfalls auf ihren Servern gespeichert worden war und dort nach wie vor abgerufen werden konnte.

Die Klägerin sieht im Verhalten der Beklagten eine Urheberrechtsverletzung und verlangt von der Beklagten Unterlassung. Mit einem zweiten Unterlassungsantrag will sie es der Beklagten verbieten, Hyperlinks von bestimmten Link-Sammlungen auf bei ihr gespeicherte Dateien mit dem Computerspiel "Alone in the Dark" zuzulassen.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob er der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Da die Nutzer des Dienstes ohne vorherige Kenntnis der Beklagten ihre Dateien hochladen, ist die Beklagte bei dabei begangenen Urheberrechtsverletzungen weder Täter noch Gehilfe. Sie kann allerdings als Störer auf Unterlassung haften, wenn sie Prüfpflichten verletzt hat.

Als Diensteanbieter i.S.d. TMG muss die Beklagte die bei ihr gespeicherten Informationen nicht allgemein auf Rechtsverletzungen überprüfen. Eine solche umfassende Prüfungspflicht ist auch nicht etwa deswegen geboten, weil der Dienst der Beklagten für Urheberrechtsverletzungen besonders anfällig wäre. Denn legale Nutzungsmöglichkeiten dieses Dienstes, für die ein beträchtliches Bedürfnis besteht, sind in großer Zahl vorhanden und üblich. Eine Prüfungspflicht der Beklagten im Hinblick auf das Computerspiel "Alone in the Dark" entsteht daher erst, wenn die Beklagte auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf dieses Spiel hingewiesen worden ist.

Vorliegend war es grundsätzlich nicht ausreichend, dass die Beklagte die ihr konkret benannte rechtsverletzende Datei gesperrt hat. Vielmehr musste sie auch das technisch und wirtschaftlich Zumutbare tun, um - ohne Gefährdung ihres Geschäftsmodells - zu verhindern, dass das Spiel von anderen Nutzern erneut über ihre Server Dritten angeboten wurde. Diese Pflicht hat die Beklagte möglicherweise verletzt, weil sie keinen Wortfilter für den zusammenhängenden Begriff "Alone in the Dark" zur Überprüfung der bei ihr gespeicherten Dateinamen eingesetzt hat.

Die Prüfungspflichten der Beklagten können sich grundsätzlich auch auf solche Verstöße erstrecken, die sich auf die Zulassung der Hyperlinks von bestimmten Link-Sammlungen auf bei ihr gespeicherte Dateien mit dem Computerspiel erstrecken. Dafür ist aber erforderlich, dass die Hyperlinks im für die Linksammlung üblichen Suchvorgang bei Eingabe des Spielnamens angezeigt werden und die Trefferliste Dateien auf Servern der Beklagten enthält, die dort nicht schon durch einen Wortfilter nach Dateinamen mit der Wortfolge "Alone in the Dark" gefunden werden können. Zwar ist die Beklagte nicht Betreiber der Link-Sammlungen. Sie kann aber Dateien mit dem Computerspiel "Alone in the Dark" auf ihren eigenen Servern löschen. Dem Diensteanbieter ist es grundsätzlich zuzumuten, eine überschaubare Anzahl einschlägiger Link-Sammlungen auf bestimmt bezeichnete Inhalte zu überprüfen.

Die zur Zumutbarkeit von Überprüfungsmaßnahmen vom OLG getroffenen Feststellungen reichten vorliegend nicht aus, um über die Frage der Pflichtverletzung der Beklagten abschließend zu entscheiden. Die Sache war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen. Die Klägerin hat dann Gelegenheit, ihre Anträge der allein in Betracht kommenden Störerhaftung der Beklagten anzupassen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 114 vom 13.7.2012
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