14.05.2014

Zur Inhaltskontrolle einer im unternehmerischen Geschäftsverkehr verwendeten Ölpreisbindung in einem Gaslieferungsvertrag

Eine in den AGB eines Gaslieferungsvertrags enthaltene Preisregelung, die sowohl der Berechnung des bei Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreises als auch der Berechnung späterer Preisänderungen dient, stellt eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede dar, soweit sie künftige, noch ungewisse Preisanpassungen regelt. Eine solche Klausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, hält aber bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB stand.

BGH 14.5.2014, VIII ZR 114/13 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ VIII ZR 114/13 +++
Die klagende Porzellanfabrik bezog von der Beklagten ab Mitte August 2005 Erdgas. Von 2008 bis Ende 2009 erfolgte die Belieferung aufgrund des Gaslieferungsvertrages aus Dezember 2007. Danach richtete sich das zu zahlende Entgelt für die Gaslieferung nach der als Anlage beigefügten Preisregelung. Hiernach handelte es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preisanteil, der sich quartalsweise in Abhängigkeit von dem im Vertrag näher definierten Preis für leichtes Heizöl änderte.

In der Folgezeit teilte die Beklagte der Klägerin jeweils zum Quartalsbeginn Preisänderungen mit. Die Klägerin glich die Abrechnungen zunächst aus. Sie beanstandete die Preiserhöhungen jedoch erstmals im November 2008 und begehrte Rückzahlung der ihrer Auffassung nach überzahlten Rechnungsbeträge für die Jahre 2008 und 2009 i.H.v. 110.285 €.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Preisregelung sei wirksam. Nach deren ausdrücklichem Wortlaut handele es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preis. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

+++ VIII ZR 116/13 +++
Die Klägerin versorgte die beklagte Wohnungsbaugenossenschaft aufgrund eines Anfang 2003 geschlossenen Liefervertrags mit Erdgas. § 1 S. 3 dieses Vertrages verwies hinsichtlich der Erdgaspreise auf eine Anlage, wonach sich der als variabel bezeichnete, sich quartalsweise ändernde Arbeitspreis nach der Entwicklung des im Vertrag näher definierten Preises für Heizöl richtete.

Die Klägerin verlangte Zahlung von insgesamt 11.746 € für ihre Gaslieferungen im Jahr 2009 und für nicht gezahlte Abschläge bis Oktober 2010 sowie Sperrung des Gaszählers. Die Beklagte hielt die von der Klägerin zugrunde gelegten Preiserhöhungen für unwirksam und begehrte nach Maßgabe des anfänglich geltenden Arbeitspreises im Wege der Widerklage Rückzahlung der in den Jahren 2005 bis 2008 ihrer Auffassung nach überzahlten Gasentgelte i.H.v. 13.138 €.

LG und OLG gaben der Klage statt und wiesen die Widerklage ab. Die Preisklauseln stellten eine kontrollfreie Preishauptabrede dar. Es sei eine variable Vergütung vereinbart worden, die den bei Vertragsschluss geltenden Preis überhaupt erst bestimme. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Die Revisionen hatten in beiden Fällen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Eine in den AGB eines Gaslieferungsvertrags enthaltene Preisregelung, die sowohl der Berechnung des bei Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreises als auch der Berechnung späterer Preisänderungen dient, stellt entgegen der Auffassung der Berufungsgerichte eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede dar, soweit sie künftige, noch ungewisse Preisanpassungen regelt. Eine solche Klausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, hält aber bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB stand.

Ob die Bindung des Gaspreises an den Marktpreis für Heizöl sachgerecht und akzeptabel erscheint, unterliegt der kaufmännischen Beurteilung und Entscheidung des als Unternehmer handelnden Gaskunden, von dem zu erwarten ist, dass er seine Kosten - auch auf dem Energiesektor - sorgfältig kalkuliert, den Mechanismus einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel kennt und die damit hinsichtlich seiner Energiekosten verbundenen Chancen und Risiken überblickt. Dass die Entwicklung der Ölpreise - wie anderer Rohstoffkosten auch - mit Ungewissheiten verbunden ist, gehört zu den für eine unternehmerische Tätigkeit typischen Risiken, die der Unternehmer selbst zu beurteilen und zu tragen hat.

Letztlich ist für einen Unternehmer auch ersichtlich, dass mit der Anknüpfung an den Marktpreis von Heizöl als einzige Variable kein Bezug auf künftige Kostensteigerungen oder Kostensenkungen beim Gaslieferanten genommen wird. Solche sind deshalb für die Entwicklung des in Zukunft zu zahlenden Arbeitspreises für Erdgas bei Verwendung einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel im unternehmerischen Geschäftsverkehr ohne Bedeutung.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 82 vom 14.5.2014
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