31.08.2012

Zur internationalen Zuständigkeit bei Internetveröffentlichung

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist nicht gegeben, wenn die beanstandete Aussage in englischer Sprache auf der für England bestimmten Unterseite eines Internetauftritts veröffentlicht wurde und sich in diesem Internetauftritt auch eine für Deutschland bestimmte deutschsprachige Unterseite befindet; dies gilt selbst dann, wenn die Aussage einen inhaltlichen Bezug zur in Deutschland ansässigen Klägerin hat.

OLG Frankfurt a.M. 24.5.2012, 6 U 103/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine im Internet tätige Reisevermittlerin. Die Beklagte ist eine bekannte europäische Fluggesellschaft. Die Parteien warfen sich gegenseitig wettbewerbswidriges Verhalten im Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer Presseerklärung bzw. mit dem Vertrieb von Flugreisen vor.

Das LG gab der Klage statt und verbat der Beklagten, in deutscher bzw. in englischer Sprache in der Öffentlichkeit die Aussagen zu verbreiten, die Website der Klägerin sei eine "rechtswidrige Mittler-Website" bzw. die Klägerin verkaufe Tickets der Beklagten "zu überhöhten Preisen" und "mit ungerechtfertigten Aufschlägen" weiter. Außerdem wurde die Beklagte zum Schadenersatz gegenüber der Klägerin verpflichtet. Das LG hatte seine internationale und örtliche Zuständigkeit zur Beurteilung der deutschen und der englischen Version der Pressemitteilung angenommen, weil diese in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar gewesen seien.

Das LG gab auch der Widerklage statt. Die Klägerin sei als Vermittlerin tätig und daher nach den Vorgaben der VO (EG) Nr. 1008/2008 verpflichtet, die von ihr erhobene Servicepauschale bereits bei der erstmaligen Angabe des (Flug-)Endpreises auszuweisen. Der Internetauftritt der Klägerin sei dem aber nicht gerecht geworden.

Die Berufung der Beklagten war teilweise erfolgreich. Die der Klägerin blieb vor dem OLG ohne Erfolg. Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:

+++ Berufung der Beklagten +++
Das LG war - entgegen seiner Ansicht - im Hinblick auf die englischsprachliche Version der Pressemitteilung nicht international zuständig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte liegt nicht vor, wenn die beanstandete Aussage in englischer Sprache auf der für England bestimmten Unterseite eines Internetauftritts veröffentlicht wurde und sich in diesem Internetauftritt auch eine für Deutschland bestimmte deutschsprachige Unterseite befindet; dies gilt selbst dann, wenn die Aussage einen inhaltlichen Bezug zur in Deutschland ansässigen Klägerin hat.

Das Merkmal des "bestimmungsgemäßen Auswirkens" ließ sich vor diesem Hintergrund auch nicht damit begründen, dass in der Pressemitteilung die in Deutschland ansässige Klägerin namentlich benannt und als eine deutsche Mittler-Seite ("a German internet ticket-tout") erwähnt wurde. Hiermit allein konnte kein finaler Bezug zum deutschen Markt gesehen werden.

Die Klage war hingegen in Bezug auf die deutschsprachige Presseerklärung zulässig. Der Klägerin standen die Unterlassungsansprüche in Bezug auf die streitgegenständlichen Äußerungen auch zu, sofern sie im Kontext der Presseerklärung oder kerngleicher Mitteilungen abgegeben wurden (§§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3, 4 Nr. 7 UWG). In einer Presseerklärung abgegebene kritisierende Werturteile über einen Mitbewerber stellen eine unlautere Herabsetzung dar, wenn sie - wie hier - nach dem Kontext einen falschen Eindruck über die Hintergründe erwecken oder unklar bleibt, auf welcher konkreten Tatsachengrundlage die Bewertung beruht. Infolgedessen standen der Klägerin auch Schadensersatzansprüche wegen der geschäftsehrverletzenden Äußerungen der Beklagten zu.

+++ Berufung der Klägerin +++
Auch die Widerklage war zulässig. Der Senat schloss sich den Erwägungen des LG an, wonach § 33 ZPO lediglich einen weiteren besonderen Gerichtsstand für die Widerklage schafft, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln im Zusammenhang steht. Auf diese Voraussetzung kommt es allerdings dann nicht an, wenn - wie hier - ein anderer Gerichtsstand begründet ist (§ 14 Abs. 2 S. 1 UWG). Die "Konnexität" i.S.v. § 33 Abs. 1 ZPO begründet lediglich einen besonderen Gerichtsstand und stellt keine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Widerklage dar; sie ist daher entbehrlich, wenn sich die örtliche Zuständigkeit für die Widerklage bereits aus anderen Vorschriften ergibt.

Die Widerklage war schließlich mit der in den Urteilsausspruch aufgenommenen Konkretisierung begründet. Die Verpflichtung zur Angabe des Endpreises für Flugdienste (Art. 23 EU-LuftverkehrsdiensteVO) trifft auch den Vermittler von Flugdiensten, der in den Endpreis die an ihn zu zahlende Vermittlungsgebühr einbeziehen muss; der Endpreis unter Einschluss dieser Gebühr muss bereits bei der erstmaligen Nennung des Flugpreises für eine bestimmte Verbindung genannt werden. Soweit die Klägerin meinte, dass zwingende Gebühren nicht schon zu Beginn des Buchungsvorgangs ausgewiesen werden müssten, so ließ sich dies mit der gesetzgeberischen Intention nicht in Einklang bringen. Art. 23 der EU-LuftverkehrsdiensteVO will nicht allein die Irreführung der Verbraucher über die Flugendpreise vermeiden sondern vielmehr effektive Preisvergleiche ermöglichen. Dies ist aber nur möglich, wenn der Kunde schon bei der ersten Ausweisung des Flugendpreises weiß, welche Leistungskomponenten in diesen Preis einfließen.

Linkhinweis:

Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank
Zurück