30.06.2014

Zur irreführenden Werbung mit Testergebnissen

Eine nach § 11 I 1 Nr. 2 HWG n.F. verbotene Werbung mit einer Empfehlung kann auch dann vorliegen, wenn die Empfehlung nach dem Inhalt der Werbung nicht von einer natürlichen Person, sondern von einer Organisation abgegeben wurde. Die Werbung für ein Arzneimittel mit dem einem Testinstitut zugeschriebene "Gesamturteil sehr gut" ist irreführend, wenn sie den - unzutreffenden - Eindruck erweckt, Gegenstand des Tests sei auch Wirksamkeit des Arzneimittels gewesen.

OLG Frankfurt a.M. 22.5.2014, 6 U 24/14
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, der gemäß seiner Satzung im Interesse seiner Mitglieder aus dem Bereich der Arzneimittelbranche u.a. die Einhaltung der Lauterkeitsvorschriften für die Werbung mit Heilmitteln überwacht. Die Antragsgegnerin stellt Pharmaprodukte her. Sie hatte im September 2010 in einer Zeitschrift eine Anzeige für ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel gegen Nagelpilz geschaltet und darin auf ein "ÖKO-TEST Gesamturteil sehr gut" verwiesen.

Der Antragsteller verlangte von der Antragsgegnerin, es zu unterlassen, für das Fertigarzneimittel mit der Angabe "ÖKO-TEST Gesamturteil sehr gut" zu werben. Das LG gab der einstweilige Verfügung zunächst statt und stützte seine Entscheidung auf §§ 3, 4, 8, 12 ff. UWG, § 11 HWG. Nachdem die Antragsgegnerin gem. §§ 927 Abs. 1, 936 ZPO die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände begehrt hatte, hob es die einstweilige Verfügung wieder auf und wies den Antrag zurück.

Grundlage der einstweiligen Verfügung sei das Verbot in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG a.F. gewesen. Die Neufassung mit ihrer Bezugnahme auf eine Empfehlung von u.a. Wissenschaftlern und "anderen Personen, die auf Grund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können", knüpfe ausdrücklich an eine natürliche Person an. Die Werbung, die Gegenstand der einstweiligen Verfügung war, verstoße damit nach neuer Rechtslage nicht mehr gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Auf die Berufung des Antragstellers hob das OLG das Urteil auf und wies den Aufhebungsantrag der Antragsgegnerin zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das LG angenommen, dass das Verbot auf die Bestimmung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG nach ihrer im Jahr 2012 in Kraft getretenen Neufassung nicht mehr gestützt werden kann. Denn der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nicht auf natürliche Personen beschränkt. Vielmehr vermag eine dem Verbraucher gut bekannte Institution wie die Zeitschrift "Öko-Test" eine größere Einflussnahme zu erzeugen als ein dem Publikum namentlich nicht bekannter Wissenschaftler, der, wenn er als solcher in der Werbung erkennbar ist, ohne Zweifel in den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG fiele.

Die Angabe "ÖKO-TEST Gesamturteil sehr gut" bezog sich auch auf eine Empfehlung. Der Begriff "Empfehlung" muss in der Werbung nicht ausdrücklich verwendet werden. Es lag aber auf der Hand, dass die Aussage von "ÖKO-TEST" geeignet war, bei den Adressaten der Werbung eine den Arzneimittelverbrauch anregende Wirkung zu erzeugen. Denn mit der Attestierung eines sehr guten Testergebnisses wird unterschwellig eine Empfehlung für das Produkt ausgesprochen. Jedenfalls fassen die Verbraucher dies so auf.

Die Angabe "ÖKO-TEST Gesamturteil sehr gut" in der angegriffenen Werbung war letztlich irreführend i.S.d. § 3 S. 1 HWG. Dabei kam es nicht darauf an, dass der Verfügungsbeschluss des LG allein auf § 11 HWG Bezug genommen hatte. Denn war ein gegen die konkrete Verletzungsform gerichteter Verfügungsantrag auf verschiedene Beanstandungen gestützt und wurde die Unterlassungsverfügung durch das Gericht nur mit einer dieser Beanstandungen begründet, kann sich die Prüfung innerhalb eines Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO auch darauf erstrecken, ob eine andere dieser Beanstandung die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung rechtfertigt.

So ist etwa nach § 3 S. 1 HWG eine irreführende Werbung unzulässig. Bei gesundheitsbezogener Werbung gelten dabei besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbung. Die Angabe "ÖKO-TEST Gesamturteil sehr gut" suggerierte eine umfassende Prüfung des Produkts, wozu insbesondere die Wirksamkeit gehört. In Wahrheit hatte hier aber nur eine sehr begrenzte Überprüfung stattgefunden. Es kam noch hinzu, dass im Text der streitgegenständlichen Werbeanzeige oberhalb des Testsiegel-Banners gerade die Zuverlässigkeit des Wirkstoffs hervorgehoben wurde.

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