12.12.2016

Zur Kündigung eines Vertrages über eine Therapie zur Gewichtsabnahme

Nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 622 BGB ist, die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Dienste höherer Art können solche sein, die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen.

BGH 10.11.2016, III ZR 193/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger betreibt ein Therapie- und Projektzentrum, in dem er als Franchisenehmer im April 2014 die Durchführung einer Therapie zur Gewichtsabnahme anbot. Die Therapie sah neben einer Ernährungsumstellung mit Hilfe einer Beratung vor, dass von montags bis freitags täglich eine Spritze mit homöopathischen Mitteln subkutan verabreicht wurde. Das Präparat war apothekenpflichtig und wurde nach speziellen ärztlichen Vorgaben hergestellt.

Die Teilnehmer der Therapie - so auch die Beklagte - hatten einen Fragebogen auszufüllen, in dem nach Vorerkrankungen und eingenommenen Medikamenten gefragt wurde. Ein weiterer Fragebogen befasste sich mit den persönlichen Daten und Essgewohnheiten sowie Zielen der Therapie. Zudem wurde zu Beginn der Therapie - auch bei der Beklagten - ein Messprotokoll angefertigt, das u.a. Angaben zum Gewicht, der Fett-, Muskel- und Knochenmasse sowie dem "Level Viszerales Fett" enthielt.

Bereits einen Tag nach Beginn der Therapie klagte die Beklagte über Beschwerden. Der Kläger behauptete, die Beklagte habe in diesem Zusammenhang auch erklärt, sie wolle die Therapie abbrechen und die von ihr nicht in Anspruch genommenen Therapietage ihrer Tochter gutschreiben lassen. Zehn Tage später reichte die Beklagte beim Kläger ein Attest ihres Hausarztes ein, nach dem der Beklagten aus medizinischen Gründen eine wesentliche Gewichtsreduktion durch ein spezielles Diätverfahren derzeit nicht zu empfehlen sei. Die Beklagte legte dem Kläger mit dem Attest die von ihr unterzeichnete Vereinbarung mit dem handschriftlichen Vermerk vor: "Bitte um Aufhebung. Attest anbei."

Der Kläger war der Ansicht, eine Vertragskündigung sei weder ausgesprochen worden noch sei diese nach § 627 Abs. 1 BGB möglich gewesen. Er verlangte von der Beklagten die Vergütung von 1.290 € für weitere 28 Therapietage. Das AG verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 598 € und wies die Klage im Übrigen ab. Das LG wies die Berufung des Klägers zurück. Auch die hiergegen gerichtete Revision blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Das Vorliegen einer Kündigungserklärung sowie die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB waren zu bejahen.

Unerheblich war, dass das von der Beklagten vorgelegte Attest nicht bescheinigt hatte, dass die Therapie aus medizinischen Gründen unmöglich war, sondern nur aussagte, dass "ein spezielles Diätverfahren derzeit nicht zu empfehlen ist". Das Berufungsgericht hatte nicht für maßgeblich gehalten, dass die Fortführung der Therapie objektiv aus medizinischen Gründen unmöglich war. Vielmehr hatte es zutreffend auf den objektiv zum Ausdruck gekommenen Willen der Beklagten abgestellt, (aus den aus ihrer Sicht bestehenden Gründen) die Therapie nicht fortzusetzen.

Rechtsfehlerfrei war die Vorinstanz auch davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB vorlagen. Denn nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 622 BGB ist, die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Dienste höherer Art können solche sein, die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen.

Entgegen der Auffassung der Revision waren für die vertraglich geschuldete Tätigkeit des Klägers besonders qualifizierte Fähigkeiten und Kenntnisse erforderlich. Die vom Kläger angebotene Therapie unterscheidet sich nämlich von einer reinen Ernährungsberatung oder einem allein auf die Ernährungsumstellung aufbauenden Konzept. Die Vertragspflichten des Klägers umfassen auch die Durchführung eines ärztlich begleiteten ernährungsmedizinischen Konzepts, das dem ärztlichen Standard entspricht und neben der Ernährungsberatung auch die Verabreichung eines eigens zusammengestellten, die Gewichtsabnahme fördernden homöopathischen Mittels zum Gegenstand hat. Dies war durchaus entscheidend.

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