Zur Meisterpräsenz bei Hörgeräteakustik-Unternehmen
BGH 17.7.2013, I ZR 222/11Die beiden Parteien sind auf dem Gebiet der Hörgeräteakustik tätig. Dabei handelt es sich nach der Handwerksordnung um ein zulassungspflichtiges Handwerk. Die Beklagte betreibt ein Geschäft in Dillingen an der Donau, die Klägerin im 26 km entfernten Günzburg, wo auch eine Schwestergesellschaft der Beklagten tätig ist.
Die Beklagte beschäftigt in Dillingen einen Hörgeräteakustik-Meister als Betriebsleiter, der gleichzeitig Betriebsleiter im Günzburger Geschäft des Schwesterunternehmens tätig ist. Er ist jeden Tag zur Hälfte im Betrieb in Dillingen und im Übrigen im Betrieb in Günzburg tätig und dort ohne weiteres erreichbar. Die Klägerin war dennoch der Ansicht, dass die Einsetzung eines gemeinsamen Betriebsleiters für die beiden Betriebe wegen Verstoßes gegen die Handwerksordnung und wegen Irreführung der Kundschaft unzulässig sei. Sie nahm die Beklagte daher auf Unterlassung und Ersatz von Abmahn- sowie Detekteikosten in Anspruch.
LG und OLG gaben der Klage statt, wobei das OLG nur auf die Irreführung der Verbraucher abgestellt und die Frage eines Verstoßes gegen die Handwerksordnung offen gelassen hat. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH diese Entscheidungen auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Klägerin kann gegenüber der Beklagten keinerlei Ansprüche geltend machen.
Zum einen schied eine Irreführung der Verbraucher aus. Zwar vermittelt ein Unternehmen, das eine Dienstleistung anbietet, dem Verbraucher grundsätzlich den Eindruck, dass die Dienstleistungen in seinem Geschäftslokal während der Geschäftszeiten für Kunden unmittelbar erbracht werden können. Die Verbraucher stellen aber andererseits die Art der von ihnen nachgefragten Dienstleistung sowie die Üblichkeiten im Geschäftsverkehr in Rechnung. Sie berücksichtigten daher, dass es in bestimmten Bereichen und insbesondere dort, wo die Erbringung der Dienstleistung in Form einer Beratung oder Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt, häufig üblich ist, dass eine solche Beratung oder Behandlung auch dann, wenn das Geschäftslokal geöffnet ist, nur nach vorheriger Terminvereinbarung erfolgt. Somit werden sie nicht irregeführt, wenn die durch einen Meister vorzunehmenden Untersuchungen im Betrieb der Beklagten in Dillingen nur nach Terminabsprache angeboten werden.
Zum anderen lag auch kein Verstoß gegen die Bestimmungen der Handwerksordnung vor. Zwar ist bei Gesundheitshandwerken, von engen Ausnahmefällen abgesehen, für eine Betriebsstätte ständige Meisterpräsenz zu verlangen. Daraus folgt aber nicht, dass der Betreiber eines Hörgeräteakustik-Unternehmens sein Ladenlokal nicht offenhalten darf, wenn der Meister im Geschäftslokal nicht anwesend ist. Schließlich können in dieser Zeit etwa Termine mit ins Ladenlokal kommenden Kunden vereinbart, Ersatz- und Verschleißteile wie etwa Batterien für Hörgeräte abgegeben und ähnliche Leistungen erbracht werden, die keine Anwesenheit eines Meisters erfordern.
Zwar wäre es unzulässig, wenn ein Meister nur ganz gelegentlich in dem Betrieb zur Verfügung stünde, etwa weil er eine Vielzahl von Betrieben oder weit voneinander entfernt liegende Betriebe zu betreuen hätte. So verhält es sich im vorliegenden Fall allerdings nicht. Schließlich war der Hörgeräteakustik-Meister in der Vergangenheit jeden Tag zur Hälfte im Betrieb der Beklagten in Dillingen und im Übrigen im Betrieb der Schwestergesellschaft in Günzburg tätig und dort ohne weiteres erreichbar.
Linkhinweise:
- Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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