10.06.2014

Zur Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich

Hat sich der Schuldner in einem Prozessvergleich zur Unterlassung verpflichtet, so kann der Gläubiger auch dann einen Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO stellen, wenn der Schuldner im Vergleich eine Vertragsstrafe versprochen hat. Die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln setzt insoweit nicht voraus, dass der Unterlassungsschuldner bereits gegen die im Prozessvergleich titulierte Unterlassungspflicht verstoßen hat.

BGH 3.4.2014, I ZB 3/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Betonpumpen. Am 15.1.2009 schlossen sie zur Beendigung eines Verfahrens der einstweiligen Verfügung den nachfolgend wiedergegebenen Prozessvergleich:
  • 1. Die Verfügungsbeklagte verpflichtet sich, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu äußern:
    a) dass Schwing Betonpumpen durchschnittlich 40 Prozent weniger Kraftstoff im Pumpbetrieb verbrauchen und/oder
    b) dass Putzmeister Betonpumpen bis zu 64 Prozent Kraftstoff mehr verbrauchen.
  • 2. Die Beklagte verpflichtet sich für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverpflichtung zu einer Vertragsstrafe i.H.v. 10.000 €.
  • 3.(Kostenregelung)
  • 4. Die Verfügungsklägerin verpflichtet sich, aus dieser titulierten Unterlassungsverpflichtung nicht vor dem 23.01.2009 (einschließlich) zu vollstrecken.

Die Gläubigerin hat behauptet, die Schuldnerin habe gegen die Unterlassungsverpflichtung aus diesem Vergleich verstoßen. Sie beantragte, der Schuldnerin und ihren Geschäftsführern für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die im Prozessvergleich vom 15.1.2009 enthaltene Unterlassungsverpflichtung Ordnungsmittel gem. § 890 Abs. 2 ZPO anzudrohen.

Das LG wies den Antrag zurück; das OLG gab ihm statt. Die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht angenommen, dass der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln gem. § 890 Abs. 2 ZPO zulässig ist.

Es ist insbes. zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag nicht deshalb unzulässig ist, weil sich die Schuldnerin im Prozessvergleich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat. Für den Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gem. § 890 Abs. 2 ZPO fehlt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Unterlassungspflicht der Schuldnerin bereits durch das Vertragsstrafeversprechen hinreichend abgesichert ist und deshalb aus Rechtsgründen eine zusätzliche Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO generell nicht in Betracht kommt.

Die Verwirkung einer Vertragsstrafe und die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO schließen sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Spezialität aus. Beide Sanktionen regeln unterschiedliche Sachverhalte. Während das Ordnungsgeld eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots darstellt, ist die Vertragsstrafe i.S.v. § 339 BGB eine schuldrechtlich vereinbarte Leistung zur Sicherung der Vertragserfüllung und zur Schadenspauschalierung. In der Vollstreckung nach § 890 ZPO kommt es allein auf das Verschulden des Schuldners an, während er im Rahmen des Unterlassungsvertrages gem. § 278 BGB ohne Entlastungsmöglichkeit auch für seine Erfüllungsgehilfen einzustehen hat. Beide Sanktionen können deshalb grundsätzlich vom Gläubiger nebeneinander geltend gemacht werden.

Nichts anderes gilt, wenn die Parteien - wie hier - einen Prozessvergleich geschlossen haben, in dem sich der Schuldner vertragsstrafebewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat. Ein solcher Vergleich ist nicht generell dahingehend auszulegen, dass der Gläubiger die Vertragsstrafe als alleinige Sanktion akzeptiert habe und sich daran festhalten lassen müsse. Dem stehen auch keine berechtigten Schuldnerinteressen entgegen. Eine übermäßige Beanspruchung des Schuldners durch eine doppelte Inanspruchnahme wird dadurch vermieden, dass die jeweils früher verhängte Sanktion bei der Höhe der jeweils späteren zu berücksichtigen ist.

Schließlich hat das OLG auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln nicht voraussetzt, dass der Unterlassungsschuldner bereits gegen die im Prozessvergleich titulierte Unterlassungspflicht verstoßen hat. Die Androhung gem. § 890 Abs. 2 ZPO setzt weder eine bereits erfolgte Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht noch sonst ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis voraus. Nichts anderes gilt, wenn sich der Schuldner - wie vorliegend - in einem Prozessvergleich vertragsstrafebewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat. Wie dargelegt, liegt darin regelmäßig keine vollstreckungsbeschränkende Abrede. Es ist sachgerecht und beeinträchtigt auch nicht die berechtigten Interessen des Schuldners, dass der Gläubiger beide Sanktionen nebeneinander verfolgen kann.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück