02.04.2013

Zur rechtsmissbräuchlichen Eintragung einer Spekulationsmarke

Die Anmeldung einer Marke kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Anmelder zwar behauptet, die Marke im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Markenagentur auf Vorrat für künftige Kunden angemeldet zu haben, dem Betrieb dieser Markenagentur jedoch kein nachvollziehbares Geschäftsmodell zugrunde liegt. In diesem Fall ist die Marke als "Spekulationsmarke" einzustufen, deren Anmeldung darauf angelegt ist, Dritte durch die Geltendmachung von Ansprüchen aus der Marke zu behindern.

OLG Frankfurt a.M. 7.2.2013, 6 U 126/12
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine in Land 1 ansässige Gesellschaft. Ihr Alleingesellschafter und Geschäftsführer, B, ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer der ebenfalls in Land 1 ansässigen Gesellschaften G und A1 sowie der in Land 2 ansässigen A2 Ltd.. Er ist außerdem Inhaber des einzelkaufmännisch geführten Unternehmens A3.

Der Geschäftsführer der Antragstellerin verfolgt nach eigenem Vortrag ein spezielles Vermarktungskonzept. Er gibt an, Marken nach einem von ihm selbst entwickelten Modell zu entwerfen, als Vorratsmarken anzumelden und sie dann für den unmittelbaren Einsatz beim Kunden bereitzuhalten. Die unter seiner Leitung stehende Agentur A3 sei für die Entwicklung und Vermarktung der Marken verantwortlich. Die Antragstellerin betreibe mit ihren Schwestergesellschaften die Markenverwaltung und -verwertung.

Die Antragsgegnerin ist ein namhafter Hersteller. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin Unterlassung der Nutzung des Zeichens "D" und beruft sich auf eine Verletzung der zu ihren Gunsten eingetragenen Wortmarke "E", registriert u.a. für Fahrzeuge, Bekleidung, Schuhe und Sportartikel. Diese Marke ist zwischenzeitlich auf die A2 Ltd. übertragen worden.

Das LG wies den Eilantrag der Antragstellerin zurück. Die hiergegen gerichtete Berufung der Antragsgegnerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das LG hat die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs zu Recht als rechtsmissbräuchlich bewertet.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs ist dann berechtigt, wenn der Markeninhaber seine formale Rechtsstellung in missbräuchlicher Weise ausnutzt. Davon kann man ausgehen, wenn der Markeninhaber eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen anmeldet, keinen ernsthaften Willen hat, die Marke im eigenen Geschäftsbetrieb oder für Dritte aufgrund eines bestehenden oder potenziellen Beratungskonzepts zu nutzen und die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.

Die Antragstellerin hat nicht erklären können, dass den Aktivitäten der A-Gruppe ein in sich stimmiges, seriöses Geschäftsmodell zugrunde liegen würde. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso das Konzept, Marken "im stillen Kämmerlein" zu entwickeln, als Vorratsmarken anzumelden und Markenartikelunternehmen anzubieten, nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich sein sollte. Es mag zwar vorkommen, dass in Einzelfällen Kunden ohne ein dazu passendes Marketingkonzept auch einmal eine Marke "von der Stange" kaufen. Dass diese Art der Markenverwertung in größerem Umfang Erfolg haben könnte, leuchtet dagegen nicht ohne weiteres ein.

Dass mit diesem Geschäftsmodell der A-Gruppe bislang keine nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolge erzielt worden sind, belegt die Tatsache, dass im Zeitraum von 2001 bis 2012 lediglich sechs Marken veräußert bzw. an Dritte übertragen worden sind. Diese Umstände verstärken den Eindruck, dass die gelegentliche Vermarktung einzelner Marken die hier betriebene Bevorratung nicht rechtfertigt und daher nur ein "Nebenverdienst" zu dem eigentlichen Ziel der Behinderung Dritter mit Spekulationsmarken darstellt.

Zumal die Zweifel an der Seriosität des Geschäftsmodells weiter geschürt werden durch die Gründung immer wieder neuer Verwertungsfirmen mit jeweils minimalem Stammkapital, bzw. minimaler Haftungssumme sowie durch den Umstand, dass ein Großteil der gehaltenen Marken nach fruchtlosem Ablauf der Gebühreneinzahlungsfrist gelöscht wurden. In der Gesamtschau bestätigt sich damit der vom LG ausgesprochene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

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