Zur Sperrung des Accounts eines Online-Marktplatzes wegen Hinweis auf Rechtsverletzung durch einen Nutzer
Brandenburgisches OLG 9.1.2017, 6 W 95/16Der Antragsteller tätigte als gewerblicher Kunde Veräußerungsgeschäfte über die Internetplattform der Antragsgegnerin. Diese teilte dem Antragsteller im März 2014 mit, sein Account sei wegen Patentverletzung gesperrt bzw. einschränkenden Maßnahmen unterworfen worden, da ihr seitens eines Rechteinhabers diese Verletzung bekannt gemacht worden sei. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller die E-Mail-Adresse des Rechteinhabers mit. Nach dem Vortrag des Antragstellers hat dieser mit dem vermeintlichen Rechteinhaber einen Rechtsstreit erfolgreich ausgefochten und das Urteil der Antragsgegnerin bekannt gemacht.
Im Juni 2014 teilte die Antragsgegnerin per E-Mail mit, die Sperrung sei aufgehoben und das Angebot des Antragstellers wieder hergestellt worden; sie bedauere entstandene Unannehmlichkeiten. Mit der beabsichtigten Klage macht der Antragsteller geltend, es liege eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung der Antragsgegnerin der Gestalt vor, dass diese ohne Anhörung seiner Person bzw. Einholung einer Stellungnahme sein Nutzerkonto gesperrt habe auf die bloße Mitteilung des vermeintlichen Rechteinhabers hin. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Der Rechteinhaber habe konkret eine Patentverletzung des Antragstellers angezeigt. Sie habe daraufhin entsprechend § 4 ihrer AGB eine Sperrung des Accounts des Antragstellers eingeleitet.
Das LG wies den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurück. Die Beschwerde des Antragstellers hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Mit dem vom Antragsteller zur Begründung seiner beabsichtigten Klage vorgetragenen Sachverhalt lässt sich eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Antragsgegnerin (§ 280 BGB) nicht feststellen.
Die Antragsgegnerin ist mit der Sperrung des Accounts ihren Prüf- und Schutzpflichten nachgekommen, die ihr durch die Rechtsprechung des BGH als Betreiber einer Internet-Plattform auferlegt sind. Danach trifft den Betreiber eines Online-Marktplatzes, wenn ihn ein Rechteinhaber auf eine klare Verletzung seines Rechtes durch ein auf den Marktplatz eingestelltes Verkaufsangebot hinweist, die Verpflichtung, derartige Verletzungen zu unterbinden. Die Diensteanbieter i.S.v. §§ 8 bis 10 TMG trifft keine allgemeine Prüfpflicht für die von Nutzern auf deren Server eingestellten Dateien, dem steht die Vorschrift des § 7 Abs. 2 S. 1 TMG entgegen. Der Betreiber eines Online-Marktplatzes, der auf eine klare Rechtsverletzung konkret hingewiesen worden ist, muss allerdings das betroffene Angebot unverzüglich sperren und auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.
Die Antragsgegnerin hat daher in Erfüllung der ihr obliegenden rechtlichen Pflichten gehandelt, indem sie nach einem entsprechenden Hinweis eines sich als Rechteinhabers bezeichneten Nutzers den Account des Antragstellers sperrte. Zugleich diente dies der Wahrnehmung ihrer eigenen berechtigten Interessen, nämlich nicht von Markeninhabern gerichtlich oder außergerichtlich in Anspruch genommen zu werden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers oblag der Antragsgegnerin im vorliegenden Falle nicht die Verpflichtung, Nachforschungen anzustellen, ob die gemeldete Schutzrechtsverletzung berechtigt ist oder aber vor der Sperrung den Antragsteller anzuhören und sodann die vorgetragenen Umstände einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen Diensteanbietern i.S.d. TMG keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Die Prüf- und Überwachungspflichten des Diensteanbieters sind auf zumutbare Maßnahmen zu beschränken. Dass die Antragsgegnerin vorliegend leichtfertig auf eine behauptete Schutzrechtsverletzung hin die Verfügung über den Account des Antragstellers beschränkt hatte, kann nicht festgestellt werden. Der Antragsteller selbst hat vorgetragen, dass er einen Rechtsstreit mit einem sich als Schutzrechtsinhaber gerierenden Dritten geführt hat. Dieser Dritte, der die Umstände zur behaupteten Schutzrechtsverletzung durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, war derjenige, der den Antragsteller bei der Antragsgegnerin angezeigt hat. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller den Anzeigeerstatter namhaft gemacht, damit der Antragsteller sich mit dem Anzeigeerstatter auseinandersetzen kann.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank der Gerichte in Berlin und Brandenburg veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.