13.01.2015

Zur Übertragung von gepfändetem Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto in den übernächsten Monat

Gepfändetes Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto, das erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Kalendermonats an den Gläubiger geleistet werden darf, kann, soweit der Schuldner hierüber in diesem Kalendermonat nicht verfügt und dabei seinen Pfändungsfreibetrag nicht ausschöpft, in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang übertragen werden. Es erhöht dort den Pfändungsfreibetrag.

BGH 4.12.2014, IX ZR115/14
Der Sachverhalt:
Die beklagte Bank führte für den Kläger ein Girokonto, dessen Guthaben zugunsten eines Gläubigers des Klägers gepfändet war. Auf Antrag vom 28.2.2011 wurde das Konto spätestens mit Wirkung zum 14.3.2011 in ein Pfändungsschutzkonto i.S.v. § 850k ZPO umgewandelt. In der Folgezeit wurden auf dem Konto jeweils zum Monatsende Leistungen nach dem SGB II gutgeschrieben, die für den Folgemonat bestimmt waren. Ausgehend von einem Restguthaben von 1,99 € im März 2011 beliefen sich die monatlichen Eingänge (E), Verfügungen (V) und Endguthaben (G) auf folgende Beträge:

   März April  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sep.  Okt. Nov. 
 V 884,94 775,44 776,21 765,82 805,41 857,86 957,97 807,72
 E 769,43 893,55 776,64 776,64 807,86 807,86 857,86 957,97
 G 771,42 780,03 781,23 781,66 823,70 826,15 826,15 826,15 18,43

Am 2.8.2011 versuchte ein Gläubiger, durch Lastschrift einen Betrag von 12,71 € einzuziehen. Die Beklagte gab die Lastschrift zurück, weil der Kontostand nach ihrer Ansicht pfändungsbedingt den Lastschriftbetrag nicht deckte. Dadurch fiel eine Rücklastschriftgebühr i.H.v. 10 € an. Am 16.8.2011, als der Gläubiger - nunmehr über den Betrag von 22,71 € - einen weiteren Einzug unternahm, verfuhr die Beklagte in gleicher Weise. Die entstandenen Gebühren i.H.v. insgesamt 20 € buchte der Gläubiger später mit Erfolg vom Konto des Klägers ab. Die Beklagte selbst belastete das Konto mit 2 € Aufwendungsersatz. Im November 2011 verweigerte die Beklagte die Auszahlung des Kontoguthabens von 18,43 € mit der Begründung, es werde von der Pfändung erfasst.

Das AG gab der auf Zahlung von 40,43 € nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 10 € und Zinsen gerichteten Klage statt. Die Beklagte nahm die Verurteilung in Höhe des Betrags von 2 € hin. Das LG wies die darüber hinausgehende Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung gegen das Urteil des AG zurück.

Die Gründe:
Die Möglichkeit, Guthaben nach Maßgabe des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO pfändungsfrei in den Folgemonat zu übertragen, besteht auch für gesperrtes Guthaben i.S.v. § 835 Abs. 4, § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO.

Entgegen der Ansicht des LG kann Guthaben, das aufgrund der Regelung in § 835 Abs. 4 ZPO erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Monats an den Gläubiger geleistet werden darf, unter den Voraussetzungen des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO in den hierauf folgenden Monat, somit in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang, übertragen werden und erhöht in diesem Monat den Pfändungsfreibetrag. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz; die Anwendbarkeit der Regelung in § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO auf das nach § 835 Abs. 4 ZPO gesperrte Guthaben folgt aber aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung.

Die durch § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO geschaffene Möglichkeit, im Falle eines nicht ausgeschöpften Freibetrags das betreffende Guthaben pfändungsfrei in den folgenden Monat zu übernehmen, soll den Schuldner in die Lage versetzen, in begrenztem Umfang Guthaben anzusparen, um auch solche Leistungen der Daseinsvorsorge bezahlen zu können, die nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen zu vergüten sind. Die Auszahlungssperre des § 835 Abs. 4 ZPO bis zum Ablauf des Folgemonats bezweckt hingegen zusammen mit der Regelung in § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO, dass Zahlungseingänge dem Schuldner in dem Zeitraum tatsächlich zur Verfügung stehen, für den sie bestimmt sind.

Der Schuldner soll nicht dadurch schlechter stehen, dass ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erst in dem Monat, für den die Leistungen gedacht sind, sondern bereits im Vormonat überwiesen werden. Er kann deshalb noch im Monat nach dem Leistungsempfang über das dadurch gebildete Guthaben im Rahmen seines Freibetrags verfügen.

Soll ein Guthaben, das aus Gutschriften im Vormonat herrührt, einem Guthaben aus Gutschriften im laufenden Monat gleichstehen, weil der Schuldner aus der Auszahlung im Vormonat keinen Nachteil erleiden soll, dann darf auch bzgl. der Möglichkeit, Guthaben pfändungsfrei in den nachfolgenden Monat zu übertragen, kein Unterschied bestehen. Verweigerte man dem Schuldner, der seine Einkünfte bereits im Vormonat erhält, die Möglichkeit, Guthaben nach Maßgabe des § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO anzusparen, wäre er gegenüber dem Schuldner, der die Leistung in dem Monat erhält, für den sie bestimmt ist, in einer Weise benachteiligt, für die kein rechtfertigender Grund erkennbar ist

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück