Zur unechten Verflechtung zwischen einem Versicherungsmakler und dem Partner des vermittelten Hauptvertrags (hier: Lebensversicherer)
BGH 1.3.2012, III ZR 213/11Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung restlicher Provision für die Vermittlung einer am 15.4.2006 beginnenden fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung der A. Lebensversicherung S.A. Der Beklagte unterzeichnete eine vorformulierte Vermittlungsgebührenvereinbarung, in der er sich verpflichtete, eine Vermittlungsgebühr von 2.172,60 € (Teilzahlungspreis) in sechzig Raten zu je 36,21 € zu zahlen. Außerdem heißt es darin u.a.:
"Der Handelsmakler wird vom Kunden beauftragt, ihm die nebenstehende fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung mit wählbaren Zusatzversicherungen zu vermitteln. Er erhält vom Kunden hierfür eine Vermittlungsgebühr. Der Handelsmakler erhält vom Versicherungsunternehmen für die Vermittlung des Versicherungsvertrages keine Abschlussprovision."
Zusätzlich unterschrieb der Beklagte einen ebenfalls von der Klägerin vermittelten "Zahlungsverkehr-Treuhandauftrag" mit der F.S.-GmbH, einem "Unternehmen der F-Gruppe", in dem u.a. geregelt ist:
"Die Zahlungen von Versicherungsbeitrag und Vermittlungsgebühr können ausschließlich im Wege des Lastschrifteinzugsverfahrens erfolgen. Aus diesem Grund ermächtigt hiermit der Treugeber den Treuhänder bis auf Widerruf, die jeweils fälligen Beträge vom nachstehend genannten Konto einzuziehen und an die Vertragspartner des Treugebers weiterzuleiten."
Zwischen der F-AG, der Konzernmutter der A. S.A., und der Klägerin besteht ein Kooperationsverhältnis, wonach diese berechtigt ist, als - nach ihrer Darstellung - freier und selbständiger Handelsmakler die Versicherungsanträge zu verwenden und diese bei den Versicherern einzureichen; zudem werden die von der Versicherungsgesellschaft ausgestellten Fondspolicen nebst den angebotenen Anlagestrategien nach der Klägerin benannt. Der Beklagte erbrachte von April 2006 bis Februar 2007 die vereinbarten monatlichen Raten, stellte danach seine Zahlungen jedoch ein.
Das AG gab der insbes. auf Zahlung der noch offenen Vermittlungsgebühr von 1.685 € gerichteten Klage statt. Das LG wies sie ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen lässt die tatrichterliche Würdigung des LG, dass der Klägerin wegen Verflechtung mit dem Versicherungskonzern ein Maklerlohnanspruch nach § 652 BGB nicht zustehe, Rechtsfehler nicht erkennen.
Dem Makler steht kein Vergütungsanspruch zu, wenn durch seine Tätigkeit ein Hauptvertrag mit einer Person oder Gesellschaft zustande kommt, mit der er, der Makler, gesellschaftsrechtlich oder auf andere Weise "verflochten" ist. In Betracht kommt vorliegend nur ein Fall der sog. unechten Verflechtung. Danach kann Makler auch derjenige nicht sein, der zum Vertragsgegner seines Kunden in einer solchen Beziehung steht, dass er sich im Falle eines Streits bei regelmäßigem Verlauf auf die Seite des Vertragsgegners stellen wird. Die Interessenbindung auf Seiten des als Makler Auftretenden muss dabei so institutionalisiert sein, dass sie ihn - unabhängig von seinem Verhalten im Einzelfall - als ungeeignet für die dem gesetzlichen Leitbild entsprechende Tätigkeit des Maklers erscheinen lässt.
Ausfluss des bestehenden Kooperationsverhältnisses mit der F-AG und der A. S.A. ist vorliegend nicht nur die Möglichkeit der Verwendung von Antragsformularen, die auf die A. S.A. hinweisen, und deren Weiterleitung. Vielmehr besteht im Hinblick auf die Handhabung der Klägerin, Anlagestrategien und Fondspolicen dieses Versicherers allgemein mit ihrem Namen zu versehen und dies in ihren Informationsbriefen als eigene konzeptionelle Leistung für die private Altersversorgung herauszustellen, die gesteigerte Gefahr einer Interessenbindung zu Lasten ihres eigentlichen Auftraggebers.
Es ist die Annahme gerechtfertigt, dass diese so gekennzeichneten und werblich besonders herausgestellten Produkte für die Klägerin von ganz erheblichem wirtschaftlichem Interesse sind und für sie im Vordergrund stehen. Daher ist auch die tatrichterliche Würdigung des LG, bei dieser Sachlage bestehe kein Interesse der Klägerin daran, ihren Kunden Alternativprodukte anzubieten, nicht zu beanstanden. Infolgedessen kann aber die Klägerin ihrer Stellung als (unabhängiger) Versicherungsmaklerin nicht mehr in hinreichendem Maße gerecht werden.
Das LG hat auch zu Recht berücksichtigt, dass ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil für die Klägerin in der zusätzlichen Vermittlung eines Treuhandvertrags zwischen dem Beklagten und der F.S.-GmbH zu sehen sei. Durch die Einschaltung dieses Unternehmens, das zur F-Gruppe zählt, und dem der Forderungseinzug und die Forderungsüberwachung auch und gerade hinsichtlich der Provision der Klägerin obliegt, wird die Klägerin von eigener Inkassotätigkeit weitgehend entlastet. Darüber hinaus belegt die Laufzeit der Vereinbarung über 60 Monate, dass die Kooperation mit der F-Gruppe auf Dauer angelegt ist. Die Verneinung eines Maklerlohnanspruchs wegen Vorliegens einer "unechten Verflechtung" war nach alldem von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
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